Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben - wo ist nur die Uhr geblieben?

Nahezu 150 Jahre hat die Gemeinde Altrip ihren Bewohnern die Zeit über die letzte Kirchturmuhr geboten, ehe dies 1927 in allen Himmelsrichtungen vom Wasserturm aus geschah.

1782 wurde unter Schultheiß Bartholomäus Schweickert eine Uhr vom Frankenthaler Uhrmacher Frantz Will für 115 Gulden erworben. Hinzu kamen noch mehr als 80 Gulden für Latten, Gebälk, Nägel und Trinkgelder. Die Gemeinde übernahm daneben die Kosten für Gerüst, Gehölz und Seile.

Die alte Uhr wurde auf Kosten der Gemeinde ausgebaut und von Uhrmachermeister Will entsorgt. Die neue Uhr erhielt vergoldete Zahlen und versilberte Zeiger und Will versprach so lange er lebe, für jährlich 3 Gulden die Uhr zu warten.

Altrip war damals zwar eine arme Fischergemeinde und die Einwohnerzahlen stagnierten seit 50 Jahren um die 250 Seelen, aber was denn die Uhr geschlagen hatte, das wollte man doch schon wissen. Und die Uhr schlug tatsächlich jede Stunde weithin hörbar 

Das Uhrwerk samt Zifferblatt. von 1782 ist aber irgendwann in den letzten 30-50 Jahren auf wundersame Weise verschwunden.

Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben - wo ist nur die Uhr geblieben?

Recherchen bei über zwanzig Personen, so bei ehemaligen Presbytern, Nachbarn, hochbetagten Einwohnern und früheren Ortsgeistlichen, führten bisher nicht zu einer heißen Spur.

In einem Beitrag für das 1970 erschienene Buch „Altrip Porträt eines Dorfes“ schrieb Pfarrer Karl Kettering (Amtszeit in Altrip: 1954-1971): „Die alte Kirchturmuhr ist unbrauchbar geworden, ihre Zeit ist abgelaufen.“

Damals war sie also wohl noch vorhanden, wenn auch „stumm“. Sein Nachfolger, Siegfried Schappert (Amtszeit in Altrip: 1972-1979) teilte vor Jahren auf Anfrage aus seinem Pirmasenser Altersdomizil mit: „Was den Verbleib der Kirchturmuhr betrifft, so habe ich keine Ahnung. Da am Wasserturm öffentliche Uhren angebracht sind und zudem fast Jedermann gleich über mehrere Uhren verfügt, entfiel ohnehin jede Notwendigkeit Geld in eine Kirchturmuhr zu investieren!“ Er konnte sich auch nicht erinnern, dass darüber im Presbyterium jemals gesprochen wurde. „Da brannte uns anderes unter den Nägeln“, meinte Siegfried Schappert, denn er plagte sich mit Baumaßnahmen und der Finanzierung der Gemeindekrankenschwester herum.

Pfarrer Bernhard Pfeifer (Amtszeit in Altrip:1997-2014) fand in alten Rechnungen des Jahres 1964 einen Ausgabebeleg für die Uhr. „Also muss die Uhr wohl auch der protestantischen Kirchengemeinde Altrip gehört haben, denn sonst hätte man ja keine Kosten dafür übernommen“, mutmaßte damals Bernhard Pfeifer. Mag sein, dass die der politischen Gemeinde Altrip gehörende Turmuhr, nachdem sie nicht mehr funktionierte, der Kirche „vermacht“ worden ist. Ein Nachweis hierfür ließ sich hierzu bisher aber auch nicht finden.

Bei der weiteren Spurensuche konnte in etwa die Zeit des Verschwindens der Kirchturmuhr eingegrenzt werden, denn der mittlerweile verstorbene Pfarrer Joachim Mazomeit (Amtszeit in Altrip: 1985-1997) vermutete, dass das Zifferblatt wohl 1987 bei der Kirchturm-Renovierung, als der „Wormser Helm“ einen neuen Schutzanstrich bekam, irgendwie entsorgt wurde. Ob damals aber überhaupt noch ein Uhrwerk vorhanden war und wenn ja, wohin es später verbracht wurde, war ihm allerdings auch nicht bekannt. „Wir hatten 1987 zudem andere Sorgen, als Geld für eine alte Uhr auszugeben“, gestand denn Joachim Mazomeit freimütig bei einem Interview.

Seit einem halben Jahrhundert gingen mehrere Pfarrer davon aus, dass die Uhr im Kirchturm auch der Kirche gehörte. Und dass noch irgendwo in einem Winkel der Kirche irgendwelche „Brocken“ in einer Ecke liegen, ist definitiv auszuschließen. Mit dem Verschwinden der alten Kirchturmuhr ist somit ein Stück Altriper Geschichte unwiederbringlich verloren gegangen.

Aber vielleicht findet sich eines Tages die Uhr in einem Turmuhrenmuseum wieder oder ein Sammler/Liebhaber offenbart sich. Wunder gibt es ja schließlich immer wieder!

(Wolfgang Schneider, März 2015)
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