Vom „Notär“ zum Großgrundbesitzer

Der „Notär” Johann Kaspar Adolay (* 6. Juli 1771 in Landau in der Pfalz; † 5. August 1853 in Ruppertsberg) studierte in Straßburg Rechtswissenschaften. Nach seiner Promotion war er ab 1795 als Notar zunächst in Niederbronn, ab 1798 in Frankenthal tätig. Von Dezember 1819 bis 1825 gehörte er als Vertreter des Rheinkreises der ersten, mit Verabschiedung der Verfassung von 1818 eingeführten, gewählten Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtags an. Und so ganz nebenbei nutzte er seine Insiderkenntnisse, um bei Versteigerungen eine große Anzahl von Immobilien zu ergattern, die er freilich zumeist schon kurze Zeit später mit satten Gewinnen weiterverkaufte.

Das Vermitteln oder gar das Abschließen von Grundstücksgeschäften unter Ausnutzung von Insiderinformationen ist nach den Worten von Justizrat Klaus-Peter Seiberth aus Frankenthal den Notaren als Träger eines öffentlichen Amtes heutzutage streng verboten. Notare, so Seiberth, die hierzulande die Befähigung zum Richteramt besitzen, sind auch zur absoluten Neutralität und Objektivität bei der Beurkundung im Dienste von Privatpersonen verpflichtet - etwa bei der Beurkundung von Schuldverschreibungen, Testamenten, Erbscheinen oder Verträgen aller Art.

Um 1830 stieg Kaspar Adolay zum reichsten Grundherrn in Altrip auf. Nachdem Frankreich 1803 kurzerhand das linksrheinische Seckenheimer Ried der Gemeinde Altrip zuschlug, verkaufte zunächst ein Straßburger Makler die Grundstücke der Seckenheimer „für billiges Geld” zumeist an Altriper Bürger. Adolay erwarb den „Nördlichen Großen Riedhof”, wo sich heute das Altriper Gewerbegebiet befindet, und sicherte sich über Versteigerungen, die in sein Zuständigkeitsgebiet fielen, viele weitere Grundstücke.

Zusammen mit dem Grafen Waldner von Freundstein und anderen Bietern hielt er auch Anteile am „Großen Südlichen Riedhof”. Wie ausgedehnt der Grundbesitz der beiden damals war, zeigte sich 1839 bei den Deicharbeiten zwischen Waldsee und Altrip, bei denen die Behörden nur mit dem Grafen und Kaspar Adolay verhandeln mussten.

Die beiden Großgrundbesitzer zahlten beim südlichen Riedhof schon nach kurzer Zeit die anderen Miteigentümer, darunter auch den Altriper Dorfgeistlichen, aus. Wenige Wochen später einigten sich die großen Grundherrn: Der südliche Riedhof sollte ausschließlich dem Grafen gehören, der nördliche, nebst umfangreichen Ländereien, dem Notar Adolay.

Zu jener Zeit ersteigerte besagter Adolay auch etliche Gehöfte und Wingerte in Ruppertsberg, verlegte gar zeitweise seinen Wohnsitz dorthin und stieß verschiedene Liegenschaften bei passender Gelegenheit ab. Bis heute sind in Ruppertsberg noch drei seiner ehemaligen stattlichen Gebäude erhalten geblieben. Auch in Wachenheim hatte Adolay zeitweise sein Domizil aufgeschlagen. Eines seiner dortigen Anwesen kam durch die heutige Sektkellerei Wachenheim besonders zur Geltung.

Nach Adolays Tod 1853 gelangte der Altriper Riedhof an den Freiherrn von Dungern, der auf Schloss Dhern bei Limburg an der Lahn residierte. Dessen Sohn wiederum betrieb neben der Landwirtschaft von 1898 bis 1914 in Altrip auch eine Dampfziegelei auf dem früheren Besitz Adolays. Kurios: Da sich jener Freiherr Otto Wilhelm von Dungern in ständiger Finanznot befand, kaufte ihm die Gemeinde 1911 das Gelände der „40 Morgen” ab, wo sich heute die Motorrad-Rennbahn des Motorsportclubs Altrip befindet.

(Quelle: Wolfgang Schneider | 2005)

Ausschnitt einer Übersichtskarte aus dem Jahr 1830 (Originalfoto: Edgar Alt)Ausschnitt einer Übersichtskarte aus dem Jahr 1830 (Originalfoto: Edgar Alt)

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