Bericht über das Netzfischen in Altrip

Wie wurde nun ein Netz ausgelegt? Ein Mann stand am Ufer und hielt beide Leinen; im Nachen saßen zwei Mann, die ruderten und im Takt das Netz auswarfen, bis man den letzten Meter vor dem Ufer erreicht hatte. Dann wurde das Netz von beiden Seiten auf eine vorher schon in Aussicht genommene günstige Stelle zusammengezogen. Je enger der Kreis wurde, um so mehr "kochte" der Netzinhalt, und so mancher Hecht oder Karpfen brachte sich durch einen Schnapper über die Flier wieder in die Freiheit.

Der Fang wurde aus dem Netz heraus grob sortiert und dann im mitgeführten Fischfass aufbewahrt. Das Fischfass war eine Art geschlossener Nachen, der jedoch in seinem Deckel und seinen seitlichen Bordwänden Löcher hatte, die bewirkten, dass immer frisches Wasser den gefangenen Fischen zukam und das Fass im Wasser schwebte, so dass es nur von oben sichtbar war. Je nach Ergebnis wurde noch ein zweiter oder dritter Zug gemacht, dann war man rechtschaffend müde, fuhr zur "Garnhenk" zurück, verankerte den Nachen und die Fischfässer und ging nach Hause. War der Fang besonders gut, machte man auch mal einen Umweg über die Römerstraße und trank einen kräftigen Schluck auf das gehabte Fischerglück. Für die alten Altriper war es klar, wenn vor den Wirtschaften "Zum Karpfen", "Zum Himmelreich", "Zum Rheintal" oder "Zum Schwanen" Riemen, Ruder, Schallbaam und Hamen standen, dann waren Fischer erfolgreich gewesen und gerade dabei, einen Schluck auf ihr Tagewerk zu nehmen.

Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, dass es zum Fischen im Strom eines besonderen Netzes bedurfte. Die Stromfischerei, bei der die zu Berg fahrenden Schiffe hart angefahren wurden, erforderte die besondere Geschicklichkeit des Steuermanns und war nicht ungefährlich. Sie war im Altriper Rheinbogen nur auf der Kiesbank möglich, also vom Altriper Pegel bis kurz vor Ende des Altriper Strandbades. Der letzte Fischer, der meines Wissens im Strom fischte, war Mathäus Schneider V., besser unter den Altripern bekannt als der Mohre-Matheis. Er übte dieses Geschäft bis zu seinem Tode im November 1942 aus. Sicherlich wäre dieser Versuch, den heutigen Altripern einen Einblick in die Zeit der 30er Jahre zu geben, nicht vollständig, würde man nicht die damals existierenden Fischerfamilien mit erwähnen.

Bereits im Jahre 1940 starb Jakob Schneider, als Fischer-Jakob bekannt, der mit seinem Schokker allein oder zu zweit fischte. Die Schokkerfischerei wurde von einem am Ufer befestigten Schokker, einem Kahn mit geschlossenem Verdeck, wie man sie heute noch in der holländischen und der ostfriesischen Küstenfischerei entdecken kann, aus betrieben. Genau so wie die alte Fähre wurde der Schokker bei Nacht in den Strom gegiert, der Netzbaum mit dem riesigen Sacknetz niedergelassen und alles, was der Rheinstrom so an Fischen mit sich brachte, im großen Netz eingesammelt. Mit dem Schokker konnte nur im Strom gefischt werden. Der letzte Fischer, der seinem Beruf nachging, war Fischermeister Konrad Hartmann. Er befischte den Otterstädter Altrhein, die Klamm (Gänsdreck-Horren), den Neuhofener Altrhein und den Altriper Altrhein. Nach seinem Tode im Jahre 1952 wurde die Fischerei noch eine Zeitlang von seiner Witwe und seinen Kindern weitergeführt, aber dann doch auch eingestellt. Die romantische Zeit der Fischerei hatte sich überlebt, der Fischbestand im Rhein war immer geringer, der Rhein immer schmutziger geworden, so dass sich die Mühsal und die Strapazen des harten und rauhen Geschäftes über den Fischpreis nicht mehr bezahlt machten.

Der Verkauf der Fische erfolgte in der Regel durch die Fischerfrauen. Es wurden auf dem Handwagen zwei Bütten mit Wasser gestellt, die eine Unterteilung in Weiß- und Gutfische ermöglichten, und ab ging die Post durch die Altriper Straßen. Die Fische mussten alle noch lebend sein und durften keinesfalls auf der Seite liegen oder möglicherweise blasse Kiemen haben. War der Fang so groß, dass er den Altriper Bedarf überstieg, wurde der Verkauf auf Neuhofen und Rheingönheim ausgedehnt. Weitere Verkaufskanäle waren der Fischgroßhandel sowie der Marktverkauf in Ludwigshafen. Die Fahrt nach Ludwigshafen und zurück mit dem Nachen war jedoch eine Tagestour, wobei man bei der Rückfahrt den Nachen entweder treidelte oder versuchte, sich an ein zu Berg fahrendes Schiff anzuhängen.

Die Fische kosteten, wenn es Gutfische waren, soviel wie Rindfleisch (ca. 1 RM je Pfund), Aale ca. 10 Pfennig mehr pro Pfund. Die Weißfische wurden für 35 Pfennige pro Pfund verkauft (Preisangaben aus den 30er Jahren).

Hauptabnehmer waren jedoch die bekannten Altriper Wirtschaften, die ihre Bestellungen zentnerweise aufgaben. An Sonn- und Feiertagen waren sie von Ausflüglern der benachbarten Großstädte und anderer Dörfer dicht besetzt. Der Fisch wurde gebacken serviert, zusammen mit einem ordentlichen Stück Bauernbrot. Gegessen wurden die Fische "mit den Händen" ohne Besteck. In der Regel wurde nach dem Motto "Fisch will schwimmen" Bier zum Essen getrunken. Fischbestecke waren in dieser Zeit in Altrip noch unbekannt, was aber der Freude am Genuss keinen Abbruch tat.

Nur der Vollständigkeit halber wollen wir mit dem kleinen Ausflug in die Vergangenheit der 30er Jahre noch erwähnen, dass neben Zugnetzen in besonderen Fällen mit "Walldruff", einer Art Reuse, die selbst gestrickt wurde und ihre Form durch Weidengerten erhielt, die mit Hollunderhülsen zusammengehalten wurden, und mit Stellnetzen gefischt wurde. Die häufigste und ergiebigste Art zu fischen war jedoch mit dem Zugnetz vom Nachen aus.

(Festschrift 1625 Jahre Altrip / Karl Philipp Hook)
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