Tödlicher Unfall im Kriegswinter 1917

Der 23. Januar 1917 war ein äußerst nebliger Tag. Die Fährglocke bimmelte während der Überfahrt fortwährend, um so eventuell herannahenden Schiffen ihre Position bekanntzugeben. Die damals übliche Petroleumpositionslampe leuchtete nur rund einen Meter weit. Sich auf das Bimmeln als einzige Sicherungsmaßnahme zu verlassen war höchst riskant, da sich der Wind ständig änderte und somit das Glockensignal vom Fluss aus nicht immer zu hören war. Und so kam es, dass das Mannheimer Hafenbugsierboot "Bussard" mit der Fähre zusammenstieß, bei dem der Fährmann Philipp Hornig tödlich verletzt wurde.

Die Berufsgenossenschaft wollte auch noch eine dürftige Hinterbliebenenrente festlegen. Auf Intervention von Valentin Hauk, der zusammen mit dem Verunglückten vor dem Kriege einen Backsteinkahn der Gebr. Baumann fuhr, wurde jedoch dann ein höherer Durchschnittslohn angesetzt. So war wenigstens die größte materielle Not der betroffenen Familie abgemildert.

Die Fähreinnahme brachten für die Ersteigerer in der damaligen Zeit auf den ersten Blick ganz erkleckliche Gewinne. So betrug z.B. die Jahrespacht 1917 an die Gemeinde 5.200,-- Mark, zu zahlen in Halbjahresraten á 2.600,-- Mark. An Einnahmen gingen im Monat 480,-- Mark an Monatskarten und daneben rund 1.000,-- Mark und mehr an Einzelfahrscheinen ein. Aber an so einem "Geschäft" hingen oftmals mehrere Familien, d.h. etliche Personen mussten davon leben.

Anlässlich des Fährausfalls meldeten insgesamt 176 Altriper Pendler Verdienstausfall an. Die Gesamtsumme aller Ansprüche belief sich auf 657,48 Mark. Der niedrigste Tagelohn für Männer betrug 1,-- Mark und der mit weitem Abstand höchste 13,50 Mark.

Bürgermeister Baumann schaltete wegen der Ersatzansprüche den Mannheimer Rechtsanwalt Dr. Katz ein, der jedoch meinte, dass die Ansprüche nicht zu realisieren seien.

Interessant war, aus welchen Firmen die Altriper Pendler ihre Ersatzansprüche anmeldeten:

  • 28 arbeiteten im Luftschiffbau in Rheinau (1910 erbaut, 1919 demontiert)
  • 21 arbeiteten bei "Wasserdichte Wäsche" in Neckarau (ausschließlich waren dies Frauen, der durchschnittliche Tagelohn betrug 1,75 Mark). Das Unternehmen war eine Tochtergesellschaft der Rheinischen Gummi- und Celluloid-Fabrik, Vorläufer war die "Amerikanische Universal-Wäsche-Fabrik)
  • 20 arbeiteten in der "Rheinischen Gummi- und Celluloid-Fabrik" (gegr. 1873)
  • 24 arbeiteten in der "Isolation", in Altrip kurz "Iso" genannt (gegr. 1899)
  • 10 arbeiteten im Kabelwerk in Neckarau, Frauen verdienten durchschnittlich 3,30 Mark;
  • 9 arbeiteten bei "Gebr. Reuling", einer Maschinen- und Armaturenfabrik mit Eisen- und Metallgießerei
  • 6 arbeiteten im "Unionwerk"
  • 6 arbeiteten bei der "AG für Seilindustrie, vorm. Ferd. Wolff" in Neckarau. Die Firma bestand schon seit 1830 und arbeitete für die Landwirtschaft.
  • 5 arbeiteten im Kohlensyndikat und
  • 5 bei Suberit "auf der Rheinau"

Die übrigen Antragsteller auf Verdienstausfall verteilten sich auf kleinere Unternehmen in Neckarau und Rheinau. Interessant ist allerdings, dass trotz einheimischer Ziegeleien ein Altriper in der Neckarauer Dampfziegelei Anton Noll arbeitete, die im Morchfeld ihre Backsteinerde grub

(Wolfgang Schneider, November 1996) 
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