Aalfang bei Altrip

Altrip ohne den Rhein, das wäre wie ein Fisch ohne Wasser. Lange Zeit bestimmten die Fischer das dörfliche Leben. Doch schon lange gibt es keinen Berufsfischer mehr. Der letzte seiner Zunft war der 1952 verstorbene Fischermeister Ludwig Hartmann.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Altrip sehr viele nebenberufliche Aalsticker. Das waren Aalfischer-Spezialisten, die große Aale mit einem Stock, an dessen Ende Regenwürmer befestigt waren, im seichten Wasser der Altrheine fingen. Der Aalsticker hielt dabei den Stock ins Wasser und zog ihn rasch heraus, sobald ein Aal angebissen hatte. Mit einem gezielten Handgriff kam er dann in den Käscher. Bei diesen Aalen gab es ein Phänomen, denn in den Altwassern und in der Nähe des Rheinufers wurden nur sogenannte Breitmäuler oder Reusenaale gefangen. Im fließenden Wasser des Rheins hingegen lebten die zum Meer abwandernden Stromaale.

Ein Fischkutter auf dem Rhein bei Altrip um 1930. Ein Fischkutter auf dem Rhein bei Altrip, um 1930. Die Reusenaale aus den Altrheinen spien in Gefangenschaft ihren gesamten Mageninhalt aus und fraßen auch nichts mehr. Binnen kurzer Zeit verloren sie enorm an Gewicht, sodass die Fischer sie sehr schnell verkaufen mussten. Stromaale hingegen konnten wochen-, ja sogar monatelang gehalten werden, ohne dass sie an Gewicht verloren oder etwas gefressen hätten. Und das Merkwürdigste: Die Wanderaale hatten auch nie etwas im Magen. Kein Wunder, dass die Stromaale auf dem Mannheimer Wochenmarkt und in den Fischlokalen der Altriper Römerstraße sehr begehrt waren.

Doch die Stromaale zu fangen, war sehr aufwendig. Die Flussfischer bedienten sich hierzu eines Fischkutters, auch Aalschockker genannt. Gefischt wurde von Mitte Mai bis die Blätter von den Bäumen fielen.

Nur in Nächten, wenn kein Mond zu sehen war, wanderten die Aale und gerieten dabei ins Netz. In der Zeit des zunehmenden Mondes bis zum Vollmond wäre jeglicher Fangversuch zum Scheitern verurteilt gewesen, da selbst bei einer schmalen Mondsichel die Aale nicht wanderten.

Die Schokker wurden daher in mondlosen Nächten in den Strom gefahren, im rauschenden Wasser verankert und sodann das schwere Schokkernetz, an zwei Balken befestigt, die quer zur Schiffswand standen, getaucht. Bis zum Einholen der Beute konnten die Aalfischer darüber sinnieren, dass sie für eine unbestimmte Anzahl von Aalen deren nahezu 6000 Kilometer langen Hochzeitszug in die Kraut bewachsene Saragossasee mitten im Atlantik beendeten. Mitten in der Nacht zogen die Schokkerfischer den Querbalken mit einer Winde hoch, zogen das Schlussnetz heraus, lösten die Verschlingung und leerten das Netz. Neben den begehrten Fischen wurde dabei auch stets sehr viel Unrat geborgen und fast immer musste anschließend das Netz geflickt werden. Das war schon eine sehr harte Arbeit und 1940 hörte diese Art der Fischerei in Altrip für immer auf. Noch bis in die 1950er Jahre ankerte noch immer ein Fischkutter aus Leimersheim in der Nähe des Ritzerbaums.

(Quelle: Wolfgang Schneider | 2000)
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