Der Wasserturm geht im Betrieb

Der Altriper Wasserturm wurde 1927 an die Gemeinde übergeben. Schon lange vor dem Ersten Weltkrieg gab es entsprechende Pläne, doch erst nach dem Währungsverfall 1923 wurde die Planung wieder aufgenommen. Bestrebungen zum Anschluss an die Wasserversorgung von Rheingönheim hatten sich endgültig zerschlagen. Dringend notwendig wurde eine zentrale Wasserversorgung, nachdem die Bevölkerung auf 2500 Einwohner angewachsen war und die Wasserqualität der einzelnen Privatbrunnen sehr zu wünschen übrig ließ. Zumeist mussten die Bewohner das wertvolle Nass von weit her aus Gemeindebrunnen schöpfen.

1925 stellte der ehemalige Oberstleutnant Heinemann aus Homburg v. d. Höhe mithilfe einer Wünschelrute an drei Stellen einen unterirdischen Wasserlauf fest und die entsprechenden Probebohrungen erbrachten „reichliches, gutes und gesundheitlich einwandfreies Wasser”. Daraufhin wurde in den Jahren 1925 und 1926 das Ortsnetz für die Wasserleitung gelegt.

An der Gabelung der Ludwigstraße nach Waldsee und Rheingönheim wurde an Stelle der alten Brückenwaage auf quadratischer Grundfläche der Wasserturm errichtet, versehen mit einer Turmuhr, die auf allen vier Seiten ein Zifferblatt mit vergoldeten Zeigern und einen Durchmesser von vier Metern hat. Durch den Schlag der sieben Zentner schweren Glocken wird seither den Altripern alle 15 Minuten die Zeit „geboten”. (Seit 1988 treibt eine Digital-Quarzuhr die Zeiger allerdings elektronisch an). In nur neun Monaten wurde der 36 Meter hohe Turm errichtet.

Das Altriper Wasserwerk 1927Das Altriper Wasserwerk 1927Das Pumpwerk, heute „Wasserwerk” genannt, wurde rund 350 Meter nördlich errichtet. In einem Vorpumpwerk wurde durch eine motorbetriebene Zentrifugalpumpe das Wasser aus dem Bohrbrunnen gefördert und zu einer Filteranlage geleitet. Das Wasser musste behandelt werden, um die überschüssig vorhandene freie Kohlensäure, Eisen und Mangan zu entfernen. Das behandelte Wasser wurde in einem 100 Kubikmeter fassenden Saugschaft gesammelt, aus dem die Hauptförderung mittels zweier Kolbenpumpen in das Verteilungsnetz erfolgte. Eine Pumpe konnte gar sechs Liter Wasser in der Sekunde auf 28 Meter Höhe befördern. Wasser, das nicht verbraucht wurde, nahm der 150 Kubikmeter fassende Wasserturmbehälter auf, dessen Spiegel 25 Meter über dem Gelände liegt.

Interessant war auch die Konstruktion zur Verminderung der Kohlensäure mit neun Spritzdüsen, die das Wasser über drei Meter hoch spritzten, das dann in einem Klärbecken gesammelt wurde. Das Gesamtprojekt kostete rund 250.000 Reichsmark und sollte bis 1952 abbezahlt sein. Die Gemeinde schloss die Kosten für die privaten Hausanschlüsse vor, die von den Hauseigentümern in fünf Jahresraten zu begleichen waren.

Für die Betreuung der Anlage wählte der Gemeinderat unter zehn Bewerbern Adolf Kretzer zum ersten Wasserwerksmeister. Eine gute Entscheidung, denn Kretzer hatte auch schon die alte Gierfähre mitten im Rhein mit dem Königsnachen verankert und der Hauptstrang hielt – bis zu einer Schiffshavarie – über vier Jahrzehnte. In seine Fußstapfen als „Wassermeister” traten Sohn Philipp und Enkel Manfred.

Die Wasserversorgungsanlage wurde am 27. August 1927 in die Obhut der Gemeinde gegeben. Bis dahin konnten sich die Altriper jedoch schon drei Wochen lang von ihrem Nutzen überzeugen, denn ab 6. August floss erstmals das Wasser durch die Leitungen. Ärger gab es erst beim Bezahlen des Wassergelds. Die Gemeinde hatte nämlich bis zur Installation von Wasseruhren festgelegt, dass jeder „Wassergeldkarteninhaber”, ob große oder kleine Familie, alleinstehend oder ortsabwesend oder gar Großabnehmer wie Soda- und Essigspritfabrik, einheitlich vier Reichsmark je Monat zu zahlen haben. Das gab böses Blut. Nicht Gleichheit, sondern Gerechtigkeit, war die Forderung vieler Altriper. Nach Protesten revidierte der Gemeinderat seine Pauschalregelung und beschloss nahezu ein Jahr später auch eine Wasserleitungsordnung. Die Grundgebühr musste übrigens monatlich bei der Gemeinde-Einnehmerei eingezahlt werden. Alle drei Monate wurden die Wasserzähler abgelesen und es gab eine „Abrechnung”.

(Wolfgang Schneider | 2002)
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