Im Jahr 1902 begann in Altrip die organisierte regionale Mobilität mit dem Radfahrerverein „Wanderlust”, dem 1911 der Arbeiter-Radfahrer-Bund „Solidarität” folgte. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg tauchten auch die ersten Motorräder im Ort auf. Der Zustand der unbefestigten Dorfstraßen war allerdings für Fahrzeug und Fahrer eine regelrechte Tortur. Dennoch: der Siegeszug des Motorrads schien kaum noch zu stoppen.

Doch viele Motorradfahrer stiegen auf das Automobil um, denn der kleine und mittlere Personenwagen führte sich sehr rasch ein. Die Blütezeit des Autos begann. Doch durch den Ersten Weltkrieg und seine Folgen gab es einen Knick in der Motorisierung. Bis 1920 gab es ein Einfuhrverbot für Benzin, die Reifen und Fahrzeuge wurden nahezu unerschwinglich. Der Spritpreis kletterte 1922 gar von 17 auf 686 Mark und das vor der Hyperinflation.

Als sich die Finanzmärkte nach der Einführung der Reichsmark wieder stabilisiert hatten, kostete ein Wagen immer noch über 10.000 Mark, während ein Arbeiter nur etwa 40 Mark die Woche nach Hause brachte. Trotzdem eröffnete die erste Tankstelle in Altrip: In den Jahren, die man gerne als „Golden Twenties” bezeichnet, richtete Karl Weber am 12. November 1927 eine Shell-Benzinpumpanlage der Rhenania-Ossag, Düsseldorf, ein.

Und schon am 6. März 1928 folgte die zweite Tankstelle der Deutsch-Amerikanischen Petroleumgesellschaft des Philipp Hofackers. Beide Inhaber betrieben übrigens jahrzehntelang ihre Tankstellen. Hofacker musste allerdings bei Kriegsbeginn die Marke wechseln. 1928 eröffneten die Gebrüder Hört mit einem Lastkraftwagen und etwas später Anton Mayer mit einer Zugmaschine die ersten Transportunternehmen.

Zwei Altriper 1933 mit dem Auto am Klausenpass: Josef Nordhofen (links) und Friedrich Brunner (Mitte).Zwei Altriper 1933 mit dem Auto am Klausenpass: Josef Nordhofen (links) und Friedrich Brunner (Mitte).1930 waren die Steuerbelastungen für die deutschen Kraftfahrer die höchsten auf der Welt. In Altrip wurden zu jener Zeit nur noch Gebrauchtwagen gekauft, und zwar zumeist auf Raten. Ein Jahr später wurden wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage die Hälfte aller Fahrzeuge abgemeldet. Das „Dritte Reich” setzte wiederum stark auf Motorisierung. So entstand schon 1933 in Altrip das „Nationalsozialistische Kraftfahrerkorps (NSKK)”, das aus zwölf uniformierten Fahrern bestand, die „obengesteuerte” NSU-Maschinen hatten.

Im Volksmund wurde NSKK übersetzt mit „Nur Säufer – Keine Kämpfer”. Als der „Kampf” 1945 zu Ende war, da fuhren im Ort nur noch drei Lastkraftwagen mit Holzvergaser. Lange Zeit blockierte die französische Militärregierung die Motorisierung und die Kraftfahrerverbände. Obwohl der ADAC schon 1946 in München wieder gegründet wurde, genehmigten die Franzosen erst im August 1949 den Zusammenschluss der Clubs in ihrer Zone mit dem ADAC.

Die Gemeindeverwaltung Altrip hatte einige Zeit von der Firma Kief ein Fahrrad geliehen, für das monatlich 25 Mark zu berappen waren, sodass sich der Gemeinderat am 29. September 1948 zur Anschaffung eines Motorrads entschloss. 1950 gab es im Ort zwei Tankstellen, die aber fast vor dem „Aus” standen, denn aus Rentabilitätsgründen wurde eine monatliche Mindestabnahme von 1000 Litern gefordert. Und das war kaum zu schaffen, denn die wenigen Fahrzeuge waren zudem extrem spritarm und wurden auch nur bei dringendem Bedarf gefahren.

Der Radfahrerbund „Solidarität” hatte sich mittlerweile nahmensmäßig „modernisiert” und nannte sich nun „Arbeiter-,Rad- und Kraftfahrerbund” und trug sich mit dem Gedanken in Altrip „Moto-Cross-Rennen” durchzuführen. Aus versicherungsrechtlichen Gründen wurde jedoch der Vorstandsschaft das Risiko zu groß und so kam es zur Bildung eines Motorsportclubs im ADAC. Die Gründung fand am 18. November 1953 statt und ein Mann der ersten Stunde war damals Theodor Müller, der nach dem Kriege als Reifenvulkaniseur den Automobilisten auf die Sprünge, besser gesagt, „Auf die Räder”, verhalf.

Damals fuhren nach einer Zählung vom Juli 1953 im Ort 299 Krafträder, gegenüber lediglich 41 Personenkraftwagen und 17 Lastkraftwagen. „Unter die Räder” kam übrigens die Altriper „Solidarität” in den 1960er Jahren, schon bald nach ihrem 50. Stiftungsfest. Gehalten hat sich dagegen am Ortseingang schon seit über 40 Jahren eine Tankstelle – trotz allgemeinem „Tankstellensterben”.

(Wolfgang Schneider | 2002)
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