Es ist ein wenig wie beim Ungeheuer von Loch Ness: Immer wieder taucht die Forderung nach einer Rheinbrücke bei Altrip auf. Tatsächlich war das auch für lange Jahre ein großer Wunsch vieler Bürger der Gemeinde. Doch im Lauf der Zeit wandelte sich die Stimmung. Am 8. Oktober 1984 wurden die Altriper dann ausdrücklich nach ihrer Meinung gefragt. Ergebnis: Über 60 Prozent sprachen sich gegen eine Brücke aus.
Mehrmonatige Arbeiten mit Wasser- und Landbohrer ließen die Altriper 1966 Hoffnung schöpfen: Die Beschaffenheit des Bodens am geplanten Brückenstandort wurde untersucht, und viele Bürger des Dorfes hofften auf einen baldigen Baubeginn. Immerhin arbeiteten damals rund zwei Drittel der Pendler in Mannheim.
Schon 1954 hatte die Gemeinde Altrip in einer Denkschrift eine Brücke gefordert. Begründung: Damals war noch eine Gierfähre im Einsatz, die an einem Querseil befestigt war und durch die Strömung bewegt wurde. Ihr Einsatz war aber unsicher geworden, sie störte den Schiffsverkehr. Alle Rathausfraktionen sowie die Bürgermeister in den Jahren 1952 bis 1979, Philipp Hermann Hook (SPD), Emil Lebherz (Wählergruppe) und Michael Marx (SPD), standen hinter der Forderung nach einer Brücke. 1963 haderten deshalb auch die Altriper SPD-Genossen mit ihrer Partei, weil zwar Landrat Kurt Becker-Marx und die Kreis-SPD zur sogenannten Südbrücke standen, doch die Ludwigshafener SPD und die Stadtverwaltung stattdessen für eine Nordbrücke eintraten.
Eine erste Ernüchterung trat bei vielen Altriper Brückenbefürwortern ein, als 1967 die Trassenführung der B 38 endgültig festgelegt wurde: Für die Altriper war kein eigener Anschluss vorgesehen. Die Zufahrt hätte über das geplante Rheingönheimer Kreuz laufen müssen. Trotzdem freuten sich die meisten Altriper. Doch immer wieder gab es Verzögerungen.
1970 wurde nach häufigen Fährausfällen der Ruf nach der Brücke immer lauter. Und auch der neue Landrat, Paul Schädler, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger der CDU angehörte, forderte vehement, die Brücke, allein schon um Kosten zu sparen, denn der Kreis war und ist schließlich zur Verlustabdeckung der Fähre verpflichtet. Doch dann kam vor 30 Jahren die Bürgeraktion „Rettet den Grünen Süden”. Ihre Forderung: eine kleinere Brücke oder ein besserer Fährverkehr.
Nachdem er 1979 über die Rheinauen geflogen war, mahnte auch der FDP-Kreisvorsitzende Harald Glahn eine Kurskorrektur an: Er stellte die Altriper Brücke ganz infrage. Mannheims Oberbürgermeister Ludwig Ratzel (SPD) war aber weiterhin für den Bau, ebenso wie der Landtagsvizepräsident Walter Krause (SPD). Der Bundestagsabgeordnete Hans Bardens (SPD) wiederum, zu dessen Wahlkreis Altrip gehörte, war gegen die Brücke. Die Altriper Genossen waren deshalb ziemlich verunsichert.
1983 wurde auch noch ein Ortsverband der Grünen gegründet. Erster Punkt in seinem Programm: die Verhinderung der Brücke. Die neue politische Kraft zog 1984 in den Gemeinderat ein und forderte gemeinsam mit der CDU, dass sich die Gemeinde gegen das Projekt ausspricht. SPD und FWG dagegen wollten erst einmal den Bürgerwillen erkunden - so kam es zur Befragung am 8. Oktober 1984 . 3042 Altriper (63,1 Prozent) stimmten gegen die Brücke. Auch der Gemeinderat war nun einstimmig gegen das Brückenprojekt.
Ebenso das 1993 gegründete Kommunalpolitische Forum Altrip, das sich im Ort etablierte, als die Grünen nach zwei Wahlperioden nicht mehr antraten, machte von Anfang an Front gegen die Brückenpläne. Der Schädler-Nachfolger im Amt des Landrats, Ernst Bartholomé (CDU), rief ebenfalls zum Verzicht das Vorhaben auf. 2003 strich die Bundesregierung das Projekt aus dem Bundesverkehrswegeplan, wegen der unterschiedlichen Auffassungen vor Ort, der hohen ökologischen Risiken und den beachtlichen Kosten. Nach 38 Jahren wurde 2005 der Planfeststellungsbeschluss gänzlich aufgehoben.