Über Jahrhunderte hinweg hatte sich in unseren Breiten eine Friedhofskultur entwickelt, in der Angehörige ihren Verstorbenen nicht nur Grabsteine oder Kreuze setzten, sondern auch regelrechte Grabdenkmäler. An deren Größe und Ausgestaltung kann auch heute noch auf vielen Friedhöfen die einstige Bedeutung der Verblichenen abgelesen werden. Viele Gemeinden haben zudem bedeutsame Grabdenkmäler, etwa von verdienten Bürgermeistern, Pfarrern, Ehrenbürgern oder bekannten Dichtern nach Ende der Belegungszeit übernommen und in einer Ecke des Friedhofs zu einer Art „Ensemble“ zusammengestellt.
Obwohl in der „Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland“ – in der Schrift „Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz“ – im Jahre 1989 lediglich zwei Grabdenkmäler in Altrip hervorgehoben wurden, ist nun eines davon abgeräumt worden. Es stammte aus dem Jahr 1913 und war das Familiengrab des Spezereihändlers und Essigspritfabrikanten Ludwig Schneider V., Vater des Altriper Ehrenbürgers Wilhelm Michael Schneider, der unter dem Pseudonym „Perhobstler“ seiner Heimatgemeinde in vielen Schriften ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Schneiders Grabdenkmal wurde aus Gussstein errichtet und hatte über dem Podest mit Girlanden ein säulengetragenes Gesims, in das eine steinerne Urne eingestellt war.
Schon ein Jahr später, 1914, starb der beliebte Bürgermeister Michael Baumann, der den Altripern das „elektrische Licht“ gebracht hatte, mit erst 57 Jahren an einer heimtückischen Krankheit. Er sowie zwei weitere ehemalige Bürgermeister fanden in dem zweiten Grabmonument ihre letzte Ruhe.
Zusammen mit seinem Bruder Ignatz hatte Michael Baumann 1884 die Dampfziegelei „Gebrüder Baumann“ gegründet, die schon bald der größte Arbeitgeber im Ort war, sehr viele Ausländer aus Polen und Italien anwarb und 1903 auch ein Zweigwerk in Mundenheim errichtete.
Mehrere Grabplätze dieses noch erhaltenen Grabdenkmals sind von einem niedrigen Gitter und mit steinernen Vasen und Podesten umschlossen. Die Mitte weist eine hohe Nischenarchitektur mit Rundbogen auf, darin eingestellt ein Sarkophag und darüber eine Urne. Die gesamte Anlage ist in Gussstein gearbeitet.
Auch Ignatz Baumann ruht in dieser auf die Fläche bezogen mit Abstand größten Grabanlage. Er war Bürgermeister in einer schweren Zeit, nämlich von 1915 bis 1919, also während des Ersten Weltkriegs und des Einmarschs der französischen Kolonialtruppen mit anschließender Besatzungszeit. Nach dem Tode seines Bruders Michael leitete er zusammen mit seinem Sohn und einem Neffen die Ziegelei, eine eigene Fabrikfeuerwehr sowie ein landwirtschaftliches Gut. Daneben schuf er eine vorbildliche Pappelanpflanzung, für die er den Titel eines Ökonomierates erhielt.
Und mit Carl Baumann liegt gar ein dritter Bürgermeister in der Anlage begraben. Er, im „Dreikaiserjahr“ 1888 geboren, ausgezeichnet bei der Erstürmung der Festung Przemysl im Jahr 1915 und erster direkt gewählter Bürgermeister im Dezember 1929, hatte die Gemeinde durch die schweren Jahre bis 1945 zu geleiten. Er erhielt als Spitzenkandidat der FDP zum Kreistag 1952 mit über 30 Prozent der Stimmen ein Traumergebnis.
Im linken Teil liegen auch „Abkömmlinge“ von Ignatz Baumann, so sein Sohn Robert, der viele heimatkundliche Aufsätze veröffentlicht und an Weihnachten 1925 eine Ortsgruppe des Historischen Vereins gegründet hatte. Ihm ist es auch zu verdanken, dass in Altrip eine Straße nach dem Ortsgünder, Kaiser Valentinian, benannt wurde.
Seine Tochter Edelgard, die Gründerin des Altriper Rexhofes, die bei dem Versuch, ihre Hunde aus ihrem brennenden Haus zu retten, selbst ein Opfer der Flammen wurde, ist hier bestattet, ebenso wie ihr Mann Waldemar, der Vorsitzender des örtlichen Roten Kreuzes war und an einer Krankheit starb, die heute gut beherrschbar ist, nämlich an Spinaler Kinderlähmung. Und noch ein weiteres trauriges Schicksal verbirgt sich hinter einem kleinen Täfelchen. Eine Tochter von Edelgard Rex, Hiltraut, starb mit 23 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls.
Auch liegen die drei Bürgermeisterfrauen in der Grabmalanlage begraben. Passend für die Anlage wäre wohl der von Edelgard Rex einst geprägte Ausspruch „Der Tod ist der Horizont, der unserem Blick unüberwindbare Grenzen setzt“ – in Stein gemeißelt.