Die Rheinkorrektion bei Altrip in den Jahren 1865 bis 1873

Bei der Durchführung des Altriper Durchstiches bei der Rheinkorrektion erbrachte nicht so große Schwierigkeiten wie an anderen Durchstichstellen.

Nach dem 1857 vereinbarten Plan wurde durchgeführt.

Lauf und Bett des Stromes waren hier in Altrip durchaus eigentümlich gestaltet.

Die Rheinkarte lässt erkennen, dass in der Gegend von Altrip die Lage des Stromes mehr als anderswo Änderungen erfahren hat. Der Grund liegt darin, dass sich bis hierher ein breites Delta des Neckars erstreckt, hat, dessen südliche Grenze das gegenüber dem Altriper Eck bis zum Rheinufer dammartig vortretende Hochgestade bildete.

Ein älteres Neckardelta muss sich, wie aus den Grundwasseranalysen zu schließen, noch weiter südlich, bis gegen Ketsch ausgedehnt haben.

Durch das hier überall in der Tiefe vorhandene grobe Neckargerölle, viel schwerer als der Rheinkies dieser Strecke, war die Beweglichkeit der Stromsohle unterbrochen und deshalb Stromspaltung eingetreten durch die länglich geformten Inseln Prinz-Karl und Krappenwörth, ähnlich der Form des Rheinbettes unterhalb Oppenheim.

Zudem lagen am Eingang des tiefen Stromschlauches, in welchem sich der Talweg zwischen dem Prinz-Karl-Wörth und dem Altriper Ufer durchwand, beträchtliche Reste von Römermauerwerk, wahrscheinlich die im Strom versunkenen Trümmer eines Kastells aus der Zeit Valentinian’s 1.

Nach dem 1857 vereinbarten Plan sollte die Altriper Landzunge durchstochen und der Strom sodann in möglichst schwacher Krümmung, im allgemeinen der Richtung des seichten östlichen Armes folgend, zwischen und durch die genannten Inseln geführt werden. Im Frühjahr 1865 wurde der Bau in Angriff genommen und bis zum nächsten Frühjahr gelangten folgende in dem Bauprogramm vorgesehenen Arbeiten zur Ausführung:

  1. Leitgraben in der Achse des neuen Laufes durch das Altriper Eck,
  2. Schutzdeich vor dem tief gelegenen Dorf;
  3. Die Streichbauten I und III und das Schöpfwerk II, welch’ letzteres gegen die Stromrichtung, und zwar in die Talwegwiese hinein vorgetrieben werden musste;
  4. Durchgrabung der Uferecke beim „Backofen“ entlang der Normaluferlinie und der oberen Spitze des Prinz-Karl-Wörth;
  5. Wegräumung der mächtigen Uferdeckung an der Südseite des Altriper Eckes im Bereich des Durchstiches, und Sprengung des Römermauerwerkes, so weit in die künftige Strombahn hereinragend.

Ein gleichfalls in Aussicht genommener Leitgrabendurch den Krappenwörth ward einstweilen zurückgestellt, dafür aber der alte Abschlussbau auf der rechten Seite der Insel erhöht und verstärkt.

Zu Anfang Mai 1866 ist der Durchstich durch das Altriper Eck eröffnet worden. Der Boden bestand unter dem Humus durchweg aus Triebsand, so dass die Erweiterung des Grabens rapid vor sich ging. Schon im Sommer des gleichen Jahres ging die Schifffahrt zu Berg durch den neuen Lauf.

Allein die Korrektion unterhalb wollte nicht gelingen. Die schweren Gerölle in der Spitze des Prinz-Karl-Wörth blieben fest liegen; der Talweg bog, aus dem Durchstich austretend, scharf nach links ab, und der Strom zwängte sich zwischen dem in heftigem Angriff liegenden Kopf des Schöpfwerkes und dem Altriper Ufer durch.

Ein Streichwerk an diesem Ufer vorgeschoben, soweit es mit Rücksicht auf den Wasserstraßenverkehr geschehen konnte, blieb ohne Wirkung, ebenso noch weitere Baggerungen in dem rechtsseitigen Arm.

Der Krappenwörth war zum Abbruch gekommen, aber die Vertiefung der Sohle in der neuen Strombahn stellte sich nicht ein; überall setzten die groben Neckargerölle der Vertiefung hartnäckigen Widerstand entgegen.

Die Schifffahrt und Flößerei, zu deren Erleichterung hier die Korrektion hauptsächlich unternommen worden, war nun schlimmer dran als vorher.

War früher die Umfahrung des Altriper Eckes mühsam und namentlich in der Talfahrt zeitraubend gewesen, so war jetzt die Passage vor dem Schöpfwerk schwierig und nicht ohne Gefahr. So war die Sachlage, als es sich zu Anfang des deutsch-französischen Krieges darum handelte, den nach Straßburg beorderten, wie man zu vermuten Grund hatte, zur Zerstörung der festen Rheinübergänge bestimmten Kanonenboote die Talfahrt auf dem Rhein durch Absperren des Schiffsweges unmöglich zu machen. Da schien denn unter anderem die Stelle bei Altrip hierzu besonders geeignet.

Neben sonstigen Vorkehrungen wurde in den, dem Kampf bei Weißenburg vorangehenden Tagen das Streichwerk in der rechtsseitigen Normaluferlinie abwärts des Kuhunterhorst angelegt, zu dessen Ausführung man sich wegen der damit vorübergehend verbundenen Störung des Wasserverkehrs vorher nicht hatte entschließen können.

Das Werk war aber auch geeignet, die allmähliche Ausbildung des neuen Stromlaufes zu befördern; die Wirkung trat jedoch noch nicht in genügendem Maße ein.

Auch weitere Baggerungen brachten wohl wenig Besserung, so dass bei mittelhohen Wasserständen die Schiffe und Flöße nun rechts am Prinz-Karl-Wörth vorbeifuhren; allein der Hauptstrom nahm immer noch durch den tiefen linksseitigen Arm seinen Weg, obgleich hier 1871 in der Verlängerung des Schöpfwerkes eine Grundschwelle eingeworfen worden war. Da blieb denn nichts übrig, als ein energischer Eingriff durch völligen Abschluss des Talweges, immerhin ein Wagnis, denn die festgelagerten Gerölle im neuen Lauf hatten bisher keine Bewegung gezeigt und das Misslingen des Abschlusses hätte nicht nur eine empfindliche Störung des Verkehrs, sondern insbesondere auch ernste Gefahr bei Hochwasser oder Eisgang zur Folge gehabt. Nach umfassenden Vorbereitungen schritt man Ende Januar 1873 zur Ausführung des Abschlusses durch Erhöhung der Grundschwelle mit gleichzeitigem Einbau von beiden Seiten.

In nur drei Wochen ward der Zuschluss erreicht; der Unterschied der Wasserspiegel ober- und unterhalb des Baues betrug nicht weniger als 1,80 Meter.

Allein kaum geschlossen brach der Abschlussbau in der Mitte wieder durch und mit ungeheurer Wucht wälzte sich das Wasser durch die entstandene Lücke.

Obschon es gelungen war, dieselbe von Anfang auf etwa 10 m Breite festzulegen, so bedurfte es doch nochmals drei Wochen, um zum zweiten Male den Zuschluss zu erzwingen.

In der neuen Strombahn hatte sich jetzt eine Geschwindigkeit eingestellt, welcher die festgelagerten Gerölle nicht mehr widerstanden .

Die Ausbildung des Bettes vollzog sich so rasch, dass schon im folgenden Jahr die Stauung des Abschlusses verschwunden war, und in der neuen Strombahn die Uferbefestigungen überall fertiggestellt werden konnten.

Erich Dudy

(Quelle: Nachrichtenblatt der Gemeinde Altrip | Donnerstag, den 9. Juli 1964 | 5. Jahrgang - Nummer 28)

Verschiedene Flussläufe an der Neckarmündung (Abbildung: www.wikiwand.com/de/Rheinbegradigung)Verschiedene Flussläufe an der Neckarmündung (Abbildung: www.wikiwand.com/de/Rheinbegradigung)

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