Die Altriper Var

Altrip war schon immer sehr eng mit dem Rhein verbunden. Der Ort mit seinen Einwohnern musste mit dem Rhein leben, war seinen Launen ausgesetzt und zog aber auch seinen Nutzen vom großen Fluss. Darüber hinaus lebten die Bewohner zum Rhein hin und über ihn hinaus.

Die Überfahrt über den Fluss war daher schon in früheren Zeiten bekannt. Die Römer zogen z.B. vom Kastell "Alta Ripa" auf einer Schiffsbrücke über den Rhein. Die Fähre von Altrip wird erstmals im Jahre 1262 genannt, als Pfalzgraf Ludwig der II. dem Kloster Himmerod am 4. November das "passagium" (Überfahrtsrecht) überließ.

Die Fähre, "Var" genannt, musste jedoch mit Sicherheit älter sein und geht vermutlich zurück bis zu Altrips Klosterzeit, denn die "Cella Altrepio" (gegründet um 700 n. Chr.) hatte damals schon Verbindungen zu Neckarau. Altrip gehörte ab 762 zum Kloster Prüm. Pippin lll. übereignete Prüm auch das Neckarauer Rheinufer und den dahinterliegenden Teil der Neckarauer Gemarkung zur Fischerei und "Venne". Die Venne war eine besondere Art des Fischfangs. Diese Schenkung bestätigt auch Pippins Sohn Karl der Große. Neben dem Recht der Vennenfischerei sprach er der "Cella Altrepio" den zu seinen königlichen Kammergefällen gehörigen "Zehnten vom königlichen Hofgut Neckarau" zu.

Die Einwohner von Neckarau gingen in Altrip zur Kirche. Später beschwerten sich die Neckarauer bei Kaiser Karls Sohn Ludwig dem Frommen, dass sie wegen der häufigen Überschwemmungen des Rheins nicht den Gottesdienst in Altrip besuchen können. Er schenkte ihnen einen Teil des höhergelegenen Hofgutes in Neckarau, damit sie darauf eine eigene Kirche errichten. Also bestanden schon damals Verbindungen der Neckarauer über den Rhein zu Altrip.

Kurfürst Rupprecht der I. hat nach einer Urkunde das Fährrecht von Altrip am 23. September 1366 dem Heinrich Oricher und dem Heintz Müller verpachtet. Auch im Weißtum von Altrip aus dem Jahre 1602 ist von der "fahr" und dem "fergen" (Fährmann) die Rede. Das Fährrecht mit seinen Einnahmen stand grundsätzlich nur dem Landesherren zu. Dies änderte sich nach den Wirren der französischen Revolution. Altrip wurde französisch. Erstmals im Jahre 1803 tauchen in den Gemeinderechnungen Einnahmen aus der Fährversteigerung auf. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Fähre von der Gemeinde Altrip alljährlich versteigert.

Die Altriper VarMit der beginnenden Industrialisierung wurde das Transportmittel "Fähre" zu klein. So wurde von der Gemeinde 1891 eine größere Fähre (16 m lang, 4,50 m breit, 0,85 m hoch) angeschafft, die als Gierfähre mit Längsseil betrieben wurde. 1896 wurde dann der Versuch unternommen, den Fährbetrieb mit einem Querseil durchzuführen. Aber schon 1898 wurde wieder umgestellt auf das Längsseil.Die arbeitende Bevölkerung von Altrip zog es in die Fabriken nach Neckarau und Rheinau, lagen sie doch vor der Haustür, nur getrennt durch den Rhein. So wurde der Verkehr nach Mannheim immer stärker.

Im Jahre 1909 hat dann die Schiffswerft Braun in Speyer den Auftrag erhalten, eine neue größere Gierfähre (20,20 m lang, 6,75 m breit, 1,20 m hoch, für 40 to) auf Kiel zu legen. Ein etwa 400 m langes Seil wurde im Strom verankert. Mit zehn Buchtnachen wurde das Seil über Wasser gehalten. Der oberste Nachen an der Verankerung hieß Königs- oder Lichternachen. Je nach Stellung pendelte die Fähre dann, durch die Strömung des Rheins angetrieben, von Ufer zu Ufer.

Fähre und Blick nach dem GroßkraftwerkFähre und Blick nach dem GroßkraftwerkDie Fährstelle lag in der Mitte eines Rheinbogens, in dem das Fahrwasser der Schifffahrt am rechten Ufer lag. Hier konnte die Fähre bis zum niedrigsten Wasserstand unmittelbar an der Rampe anlegen, während am linken Ufer der Anlegestelle eine Kiesbank vorgelagert ist. Bei Wasserständen, die unter Mittelwasser lagen, musste ein hölzerner Steg aufgestellt werden, der beim niedrigsten Wasserstand ca. 80 m lang war.

Im Gemeindearchiv befinden sich viele Schriftstücke über Unfälle. Ihnen ist u. a. zu entnehmen, dass anlässlich eines Wohnungsumzuges von Neckarau nach Altrip die Pferde an der Fährrampe den Wagen mit dem Umzugsgut nicht mehr halten konnten und stürzten mit dem Wagen in den Rhein. Der Fuhrmann ertrank. Unfälle mit Schiffen waren an der Tagesordnung. Der Königsnachen wurde des öfteren versenkt, auch war die Fähre mehrmals abgerissen, so dass die Notanker gesetzt werden mussten.

Ein trauriges Kapitel für die Altriper Fähre war das Kriegsende. So wurde in der Nacht vom 21. auf den 22. März 1945 durch ein Deutsches Pionierkommando die Fähre versenkt, zwei Tage bevor die Amerikaner nach Altrip kamen. Der damalige kommissarische Bürgermeister, Rektor Friedolin Braun, bemühte sich sofort bei den Amerikanern um die Hebung der Gierfähre. In der Villa Baumann waren amerikanische Brückenbauer, meist Ingenieure und Pioniere, einquartiert, die den Bau der Notbrücke in Ludwigshafen leiteten. Sie suchten auf Bitten des Bürgermeisters im Strom nach der versunkenen Fähre. Sie wurde dann schließlich in der Fahrrinne unterhalb der rechtsrheinischen Anlegestelle entdeckt, 8 m tief liegend. Taucher befestigten starke Stahltrossen am Schiffskörper. Schwere Raupenschlepper zogen die Fähre hoch, doch sobald sich die kiesbedeckte Nase über der Wasseroberfläche zeigte, zerrissen die Trossen und die Fähre sank wieder in die Tiefe. Ein Hebekran konnte nicht herangeschafft werden, da die Notbrücke in Ludwigshafen dies nicht zuließ. Am 1. September 1946 wurde ein Vertrag mit der Firma Schäfermann geschlossen, und ein Motorboot unter der Leitung des Bootsführers Albert Gehrke und dem Maschinisten Karl Hofacker ermöglichte dann die Überfahrt nach Neckarau. Für eine Pacht von 1.400,- DM wurde ab 1. Januar 1947 die Leimersheimer Gierfähre eingesetzt, damit die Altriper Arbeiter in ihre Fabriken kamen. Einige Altriper aber hatten auch einen eigenen Nachen, mit dem sie mit Kollegen zu ihren Arbeitsstellen am gegenüberliegenden Ufer ruderten. Nach dem Krieg eine Notwendigkeit wegen der fehlenden Fähre, später aber, als die Überfahrt wieder möglich war, um Geld zu sparen.

Die Fähre nach dem KriegDie Fähre nach dem KriegErst im September 1947 unter dem damaligen Bürgermeister Adam Jacob gelang durch die Firma Kief, Ludwigshafen, die Bergung. Die Buchtnachen waren schon 1946 geborgen worden. Nach umfangreichen Reparaturarbeiten auf der Schiffswerft Braun in Speyer wurde sie dann Anfang 1948 wieder eingesetzt.

Bürgermeister Philipp Hermann Hook setzte sich nach seinem 1952 erfolgten Dienstantritt verstärkt für eine bessere Fährverbindung ein. In der Gemeinderatsitzung am 4. Dezember 1953 wurde unter dem Tagesordnungspunkt "Schaffung besserer Verkehrsverhältnisse Altrip - Mannheim" festgestellt, dass "die Gemeinde Altrip mit ihrer fast 2000jährigen Geschichte, ihren 4.000 Einwohnern, davon rund 95 % Arbeiterbevölkerung, zum Zwecke der Überquerung des Rheinstroms seit nunmehr 85 Jahren einen Gierfährbetrieb ausschließlich auf ihre Kosten unterhält. Die Rheinfähre wird täglich von ca. 1.000 Berufstätigen auf dem Weg zu und von der Arbeitsstelle benützt. Ebenso benützt wird die Fähre von Bevölkerungsteilen, die ihre Einkäufe in den Städten Mannheim und Ludwigshafen tätigen oder sonstigen Angelegenheiten bei Behörden, in den Krankenhäusern usw. zu besorgen haben und von Kindern, die die Schulen in Mannheim oder Ludwigshafen besuchen. An Sonn- und Feiertagen kommt ein reger Ausflugsverkehr hinzu."

Anschließend verabschiedete der Gemeinderat eine Resolution, die an die maßgeblichen Instanzen verschickt wurde.

Durch das auf den Buchtnachen liegende Gierseil wurde der Schiffsverkehr gesperrt, solange die Fähre übersetzte und solange sie am rechten Ufer anlag. Infolge der Umstellung der Schifffahrt vom Schleppzug zum Einzelfahrer und durch die Zunahme des Verkehrsvolumens an sich ist die Zahl der Schiffe, die damals täglich die Fährstelle passierten, erheblich angestiegen. Auch musste die Fähre den Liegeplatz am rechten Ufer sofort freimachen, sobald sich ein Schiff näherte. Durch diese Bestimmungen sind Unterbrechungen des Fährbetriebes bis zu 80 Minuten beobachtet worden. Da die Fährstelle in einem Bogen liegt, sind schnell zu Tal fahrende Schiffe selbst bei klarem Wetter erst dann zu sehen, wenn sie der Fähre schon sehr nahe gekommen sind. Bei diesigem Wetter werden die Sichtverhältnisse noch schlechter, so dass damit eine erhebliche Gefahr für die Fähre und die Schifffahrt gegeben war. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung als Aufsichtsbehörde verlangte damals, dass die vorhandene Fähre durch eine andere Fähreinrichtung, die die Schifffahrt nicht behindert, ersetzt werden soll.

Der Fährbetrieb wurde bis 1954 immer wieder versteigert. So wurde die Fähre von 1940 bis 1945 von Valentin Hauk für jeweils 8.400 Reichsmark jährlich ersteigert. 1950/51 steigerten Mathäus Hauk Vl. und Martin Hauk IV. für 27.100,- DM jährlich und 1951/52 für 23.100,DM jährlich die Fähre. Ein Jahr darauf erhielt Willi Hasselmann mit seinen Mitpächtern und Bürgen Mathäus Hauk Vl., Adam Hauk und Theobald Oster für 23.500,DM jährlich den Zuschlag. Im November kam für Mathäus Hauk Vl. Eugen Sattler. 1953/54 steigerte Eugen Sattler mit Theobald Oster und Adam Hauk die Fähre für den gleichen Preis. Das letzte Angebot einer Jahrespacht für 1954/55 in Höhe von 18.000,- DM durch die bisherigen Pächter war dem damaligen Gemeinderat völlig unzureichend und ihnen wurde "in einmütiger Weise" der Zuschlag verweigert.

Auch das nachträglich erhöhte Pachtangebot auf 25.000,- DM wurde als entschieden zu niedrig erachtet. Deshalb wurde der Fährbetrieb ab 1. April 1954 durch die Gemeinde Altrip in eigener Regie übernommen.

Erwähnenswert sind auch noch Angaben über die Auslastung der Fähre. Im Oktober 1954 wurde an sieben Tagen eine Verkehrszählung durchgeführt. So benutzten damals an einem Tag durchschnittlich ca. 56 PKW's, 10 LKW's, 143 Motorräder, 1150 Radfahrer und 521 Fußgänger die Fähre. Als Mittelwert wurden pro Tag zwischen 5.00 Uhr und 24.00 Uhr 81 Überfahrten in jede Richtung festgestellt, die Höchstzahl lag bei 90 und die Mindestzahl lag bei 68 Überfahrten. Die Höchstzahl der stündlichen Überfahrten waren acht, die Mindestzahl war eine Überfahrt.

Das Landratsamt Ludwigshafen und das Amt für öffentliche Ordnung in Mannheim forderten, bis spätestens 25. Januar 1955 auf dem rechten Rheinufer bei Strom-km 415,24 eine Beobachtungsstation einzurichten und zu unterhalten. Von dieser Station aus soll der Fährführer bei Tage durch Hissen einer weißen Flagge und bei Nacht durch Setzen einer blauen Signallampe vom Herannahen der zu talfahrenden Schiffe unterrichtet werden. Gegen diese Anordnung hat die Gemeinde Einspruch eingelegt und es damit begründet, dass in der neuen ab 1. Januar 1955 geltenden Rheinschifffahrtspolizeiverordnung in § 62 d festgelegt ist, dass zu tal- und zu bergfahrende Schiffe vor Erreichen von Gierfähren am Längsseil entsprechende Schalltöne zu geben haben. Diese Signalgebung kann von dem Fährführer viel eher und sicherer wahrgenommen werden als die Signale der Beobachtungsstation, die bei trübem, düsigem und nebeligem Wetter überhaupt nicht erkennbar sind und auch den Fährführer nicht von der Verantwortung seines Entscheids, ob er eine Überfahrt wagen kann, entbindet. Die Gemeinde führt in ihrer Stellungnahme noch an, dass diese Beobachtungsstation den Gemeindehaushalt um nahezu 12.000,- DM jährlich belasten würde. Später wurde noch ein Rechtsanwalt eingeschaltet. Es nützte jedoch nichts. Die Beobachtungsstation musste eingerichtet werden.

Noch zu vermerken ist, dass der Gemeindehaushalt für das Haushaltsjahr 1956 von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt wurde, weil beim Rheinfährbetrieb ein Fehlbetrag von 25.50O,- DM ausgewiesen war. Erst durch eine 50%ige Erhöhung der Fährgebühren war ein Ausgleich des Wirtschaftsplanes möglich, und die Aufsichtsbehörde genehmigte den Haushalt.

Im Jahre 1955 befasste sich die Gemeinde Altrip mit der Bildung der Rheinfähre Altrip GmbH. Die kommunale Arbeitsgemeinschaft "Rhein-Neckar" war maßgeblich an der Gründung beteiligt. Die Gesellschaftergründung erfolgte am 27. Juli 1955 in Mannheim, gegründet mit dem Ziel, eine motorbetriebene Fähre für Altrip anzuschaffen. Mitgesellschafter waren neben der Gemeinde Altrip mit 40 %, die Stadt Mannheim mit 40 % und der Landkreis Ludwigshafen mit 20 % Beteiligung.

Die Geschäftsführung wurde der Gemeindeverwaltung übertragen, die technische Überwachung oblag dem Tiefbauamt Mannheim. Geschäftsführer wurde der damalige Bürgermeister Philipp Hermann Hook.

Die erste MotorfähreDie erste Motorfähre

Sofort nach der Gründung wurde sich verstärkt für die Anschaffung einer Motorfähre eingesetzt. Die Planung für die Motorfähre und den Umbau der Anlegestellen wurde vergeben. Den Auftrag zum Bau der für damalige Verhältnisse modernsten freifahrenden Fähre auf dem Rhein erhielt die Schiffswerft Clausen in Oberwinter zum Preis von 270.00O,- DM. Die beiden Landepritschen kosteten nochmals 20.00O,- DM und der Umbau der Anlegestellen rechts und links des Rheins verschlang 163.00O,- DM.

Am 25. Januar 1958 wurde die Motorfähre in Dienst gestellt.

Die Männer der ersten Stunde auf dieser Motorfähre waren die Fährführer Anton Fatho, Franz Holdermann, Ferdinand Wegh sowie die Fährgehilfen Adam Gustav Hauk, Jakob Hook 13., Roland Hofacker, Richard Kollmannsperger, Wilfried Fatho, Fritz Mauß und Nachtwächter Albert Gehrke. Als Aushilfen waren eingesetzt Heinrich Kimpel und Georg Siehl.

Die neue FähreDie neue Fähre

Geschäftsführer Philipp Hermann Hook wurde Mitte 1958 von Bürgermeister Emil Lebherz abgelöst. Dessen Nachfolger wurde 1967 Michael Marx. In seine Zeit fiel auch die Änderung der Geschäftsanteile. So gab die Gemeinde Altrip 20 % ihrer Anteile ab. Die Beteiligung der Stadt Mannheim erhöhte sich um 10 auf 50 %, die des Landkreises Ludwigshafen ebenfalls um 10 auf 30 %, während die Gemeinde Altrip an der GmbH nur noch mit 20 % beteiligt war. Marx wurde dann 1979 in der Geschäftsführung von Bürgermeister Willi Kotter abgelöst.

Aufgrund der gestiegenen Reparaturkosten, der geringen Bodenstabilität und des Alters der Fähre fasste die Gesellschafterversammlung am 25. November 1987 den Beschluss, ein neues Fährschiff anzuschaffen. Während die alte Motorfähre nur maximal zehn PKW's fassen konnte, sollte bei der Planung Wert auf eine größere Kapazität gelegt werden. So wurde eine größere Fähre mit drei Fahrspuren (bisher zwei) für 17 Pkw geplant. Den Auftrag zum Bau erhielt die neue Germersheimer Schiffswerft zum Preis von ca. 3 Mio DM. So versieht eine große, moderne Motorfähre seit 9. Januar 1992 ihren Dienst am Rhein.

2012 wird das Schiff um zwölf Meter verlängert, so dass es
nun 21 Pkw aufnehmen kann. 2025 soll eine neue Fähre in Dienst gestellt werden.

(Festschrift 1625 Jahre Altrip / Horst Hook) 

Update:

  • 2012 wird das Schiff um zwölf Meter verlängert, so dass es nun 21 Pkw aufnehmen kann.
  • 2025 soll eine neue Fähre in Dienst gestellt werden.
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