Kirchturmsignale halfen Kurfürst Friedrich

Meldesystem im Mittelalter nicht nur bei der „Schlacht von Seckenheim“ entscheidend

Als Orientierungspunkte und Distanzmesser nutzten die Rheinschiffer im Mittelalter die Kirchtürme zwischen Mannheim und Germersheim. Es waren dies Kirch- und Signaltürme von Neckarau, Altrip, Ketsch, Waldsee, Otterstadt, Altlußheim, Rheinhausen, der Udenturm und der Dom zu Speyer, der Turm der Burg zu Germersheim, der Schlossturm zu Udenheim sowie die St. Michaelskapelle zu Rußheim.

Die Türme wurden daher sehr hoch gebaut und an den steinernen Dachhelmen waren Dachluken angebracht, aus denen man zur Not auch Feuersignale geben konnte. Eine neue Kirche wurde stets am altert Standort gebaut, um das System nicht zu zerstören. Die Kirchtürme und Begräbnisplätze trugen teilweise den Charakter von Warten und Burgen, so in Altrip und Neckarau. Nahe bei Altrip lagen die Raubritterburgen in Neuhofen und Affolterloh, die beide 1349 zerstört wurden.

Im Umkreis von Altrip standen sechs Kirchen, die durch Glockengeläute die Annäherung eines Feindes gegen den Altriper Rheinübergang melden konnten. Dieses System hat sich 1388 vortrefflich bewährt, als Rupprecht II. dadurch vom Marsch der Straßburger von Speyer nach Frankenthal informiert wurde und nach seinem Rheinübertritt bei Altrip den Feind stoppte.

Ebenso war es am 30. Juni 1462 als dieses Meldesystem dem Kurfürst Friedrich die „Schlacht bei Seckenheim“ gewinnen half. Bei Altrip setzten rund dreihundert Reiter und etwa 2000 Mann Fußtruppen über‘ den Rhein und verdoppelten die Streitmacht von Friedrich, der bei Seckenheim stand und die badisch-württembergische Reiterei erwartete.

Die Feinde glaubten leichtes Spiel zu haben, zumal sie den Kurfürsten in Bayern wähnten und den Speyerer Bischof auf ihrer Seite hatten. Über die Kirchensignale wurden jedoch die Mannen des Mainzer Erzbischofs, des Grafen Emich von Leiningen und des Grafen von Katzenelnbogen alarmiert, so dass ihr Plan durchkreuzt wurde. Der Kurfürst gab die Parole „Sankt Peter“ und als Feldgeschrei „Pfalz“ aus. Mit dem Pfälzer Schlachtlied „In gottes namen faren wir, seyner gnad wir begeren...“ wurde es einer der glorreichsten Tage der Pfalz.

Der Altriper Rheinübergang mittels Nachenfähren war in der damaligen Zeit geradezu ideal: Das Übersetzen des Stromes war durch die Neckarmündung bei Neckarau bei normalem Wasserstand gefahrlos, da man die Strömung des Wassers ausnutzen konnte. So konnte man praktisch ohne Ruderschlag zum linken Ufer kommen. Von der Altriper Landzunge aus war das Übersetzen ebenso bequem, denn das Wasser des Rheins staute sich an der Neckarmündung und brach daher die übliche Flussströmung. So ist erklärlich, dass selbst starke Truppenverbände ohne große Gefahr und in kürzester Zeit übersetzen konnten.

Am Altriper Kirchturm mit vier Geschoßflächen und seinem achteckigen Helm aus Backsteinen sind in den gut 800 Jahren seines Bestehens schon viele Kriegszüge vorbeigegangen. Schon viele Kirchenschiffe hat er überragt und in früheren Jahrhunderten war er bei Hochwassernöten Signalturm und Orientierungspunkt für die geplagte Bevölkerung. Die drei unteren Geschoße sind einfach gehalten und zeigen schießschartenähnliche Öffnungen. Das dritte Obergeschoß hat auf jeder Seite ein 1,87 Meter hohes Doppelfenster mit Spitzbogenüberdeckung und einem zierlichen Mittelsäulchen mit weit ausladendem Kämpferaufsatz. Die beiden oberen Stockwerke haben Ecklinsen, welche unter dem Dachgesims durch Rundbogenfriese verbunden sind.

Eine Expertengruppe kam 1889 zu dem Ergebnis, dass der Turm, niemals Portalturm, sondern stets Kirchturm am Nordende des Chors war. Der Turm enthält sowohl romanische als auch gotische Bauelemente. Fest steht, dass der Altriper Kirchturm nicht nur das älteste Bauwerk des Dorfes darstellt, sondern auch eines der ältesten Kulturdenkmäler des gesamten Landkreises.

(Wolfgang Schneider | 2006)
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