Ob das alte Kastell „Alta Ripa" durch die Römer oder im Zuge der Völkerwanderung in Flammen aufging, lässt sich heute nicht mehr genau sagen. Dass aber Altrip für die Römer ein strategisch wichtiger Waffenplatz war, ist unbestritten. Bei systematischen Ausgrabungen ab 1884, letztmals 1981, konnten noch Umrisse des einstigen Bollwerks ermittelt werden.
Zu römischer Zeit gab es auf der Altriper Halbinsel ein „hohes Ufer", das auf die rechtsrheinische Geländeschwelle bei Rheinau stieß. Mitten durch eine Engstelle der beiden Hochuferseiten zwängte sich der Rhein und schuf einen idealen Übergang. Zu jener Zeit mündete auch der Neckar deltaförmig gegenüber von Altrip in den Rhein. Klavius Valentinianus I., der im Jahr 364 nach Christus zum Kaiser ernannt wurde, zog damals mit einem Heer nach Mittel- und Westeuropa, um die germanischen Stämme, die an der Rhein- und Donaugrenze der Römer rüttelten, in Schach zu halten.
Valentinianus residierte deshalb fortan nicht in Rom, sondern in Trier. Nach seiner Scheidung 368 heiratete er die junge Witwe Justina und war voller Tatendrang. Mit starken Grenzbefestigungen konnte er tatsächlich mehr als 40 Jahre für Sicherheit an der Rheinfront sorgen. Den Plan für den wichtigen Waffenplatz Alta Ripa entwarf der Soldatenkaiser persönlich und hielt sich im Jahre 369 auch längere Zeit in Altrip auf.
Es entstand ein Kastell in der eigenartigen Bauweise eines leicht verschobenen Trapezes, eines halben Sechsecks, mit drei Meter dicken Mauern, das an seiner Breitseite im Osten immerhin 118 Meter lang war. Die Innenräume waren so an die Umfassungsmauern angeordnet, dass sie bei einer Belagerung keinen Schaden genommen hätten. Ein gepflasterter Kasernenhof umfasste rund einen halben Hektar. Von vier polygonalen Ecktürmen konnten eventuelle Angreifer schon frühzeitig erkannt werden. Zum Befestigungskomplex gehörte eine Schiffsanlegestelle und, nachdem die Römer die Neckarmündung verlegt hatten, beidseits der Neckarmündung zwei befestigte Brückenköpfe sowie eine Schiffahrbrücke über den Rhein. Auch an Komfort fehlte es im Kastell nicht: Gefunden wurden Heizungskacheln und sogar bemalter Putz.
Der Frankfurter Archäologe Professor Gerhard Bersu, der 1926/27 und 1932 in Altrip die Kastellgrabungen leitete, schrieb zur Anlage: „Das Ganze gibt ein Bild jenes, auf raffinierteste Weise ausgedachten, unter orientalischen Einflüssen stehenden spätrömischen Befestigungsbaues, dem gegenüber die römischen Kastelle der Limeszeit, wie etwa die Saalburg, schwächliche Beuten sind."
Das Bollwerk, das unter anderem durch den Rheinstrom und einen Graben zusätzlich geschützt war, diente einem großen Ziel: Es sollte Ausgangspunkt eines Unternehmens werden, um die 100 Jahre zuvor durch den Fall des Limes verloren gegangene direkte Donauverbindung wieder herzustellen und damit den Weg zum Sitz des Ostreiches in Konstantinopel zu verkürzen.
Doch der Feldzug misslang. Es war der letzte Versuch der Römer, sich auf dem rechten Rheinufer festzusetzen. Nachdem der Westgotenkönig Alarich 401 bis 403 einen Angriff auf Italien unternahm, rief Stilicho die römischen Truppen zurück. Und so kam es, dass die Wandalen mit Quaden, Sweben und Alanen 406 die von römischen Legionen entblößte Rheingrenze überschritten und das Kastell in der Folge ein Opfer der Flammen wurde.
Im Laufe der letzten 1600 Jahre wurden in der hiesigen „steinarmen" Gegend nahezu alle verwertbaren Steine des Kastells ausgebeutet und selbst Mauern bis in vier Meter Tiefe herausgerissen. Was bleibt, ist die Faszination des Gedankens, dass durch ein erfolgreiches „Unternehmen Alta Ripa" die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hätte.