Die Altriper waren die ersten Saubermänner. Zumindest wenn’s ums Wasser ging: Im Jahr 1962 nahmen sie die erste Kläranlage im damaligen Landkreis Ludwigshafen in Betrieb. Obwohl zuvor jahrzehntelang diskutiert worden war, ist Altrip damit etwas schneller als Limburgerhof und Neuhofen. Zuvor wurden die Abwässer ungeklärt in den Altrhein und von dort in den Rhein entsorgt.
Mit einer schlichten Feierstunde nahm Bürgermeister Emil Lebherz die Kläranlage, die für 9000 Einwohner ausgelegt und vollautomatisch gesteuert wurde, nach anderthalbjähriger Bauzeit am 16. November 1962 in Betrieb. Jahrzehnte zuvor sei es in erster Linie darum gegangen, sauberes Frischwasser in die Gemeinden zu bringen, sagte er. Doch mittlerweile gehe es verstärkt darum, die Gewässer sauber zu halten. Lebherz verdeutlichte das mit einem konkreten Beispiel: Das frühere Altriper Rheinstrandbad liege brach. Denn das Baden im Rhein sei nun kein Vergnügen mehr – und wegen des Schmutzes auch gesundheitlich bedenklich.
Der Ludwigshafener Landrat Hermann Scherer, von Haus aus Hydrologe und zuvor Bürgermeister von Limburgerhof, erkannte neidlos die Pionierleistung der Altriper an. „Altrip ist Limburgerhof und Neuhofen zuvorgekommen, denn unser gemeinsames Klärwerk ist noch nicht fertig“, gab er unumwunden zu.
Die Altriper Anlage ging in Betrieb, noch ehe der ganze Ort ans Kanalnetz angeschlossen war. Von 1960 bis 1962 wurden 4600 Straßenmeter kanalisiert, für 15.400 Meter wurden die Aufträge erteilt. Weitere 5000 Meter standen noch an. Das Ingenieurbüro Kittelberger in Ludwigshafen, das für Planung und Bauleitung zuständig war, musste sich trotz Arbeitskräftemangel gleichzeitig um Kanalisation und Kläranlage kümmern.
Dabei war um das Kanalprojekt jahrzehntelang gerungen worden. 1932 gab es unter Bürgermeister Carl Baumann erste größere Anstrengungen, denn bis dahin lief nicht nur das Regenwasser, auch von den „Dachkänneln“, die Straßenrinne entlang, sondern zum Teil auch Hausabwasser. Und die Abortgruben, die zumeist „überm Hof“ waren, mussten regelmäßig mit Pfuhlpumpen und Pfuhlschöpfer geleert werden. Ihr Inhalt wurde in hölzerne Jauchefässer gefüllt und auf den zumeist zweirädrigen Schnappkarren der Landwirte weggebracht.
Mit Hilfe des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ und Mitteln eines Notstandsprogramms der Regierung wurde 1933 ein rund 1400 Meter langes Kanalnetz geschaffen. 20 Jahre später ließ Bürgermeister Adam Jacob, der „Schöpfer des Altriper Wasserwerks nebst Wasserwerk von 1927“, einen Entwurf für eine Gesamtkanalisation des Ortes erstellen.
Sein Plan: das geklärte Abwasser in den Altrhein und später bei günstiger Finanzlage über eine längere Zuleitung in den Rhein zu leiten. Auch Bürgermeister Philipp Hermann Hook ließ 1956 Vergleichsentwürfe erstellen, um für die finanzschwache Arbeitergemeinde eine tragbare Lösung zu finden. Doch erst 1958 unter Bürgermeister Emil Lebherz fielen die Würfel für den „großen Wurf“ von 1962. Bis dahin, und noch einige Jahre darüber, waren die Zustände in der Ortsentwässerung sehr mangelhaft.
Die Abwässer im südlichen Ortsteil liefen in einen übelriechenden Graben hinter den Häusern der Rheinstraße Richtung Altrhein. Im nördlichen Gebiet wurde das Abwasser zum Wasserwerk geleitet und von dort mit einer kleinen Pumpe „ins Gebüsch“ nahe des Waldparks.
Viele Neubauten hatten eigene Hauskläranlagen, die regelmäßig von auswärtigen Spezialunternehmen geleert werden mussten. Ärgerlich war das alles besonders für die Bauherren in der „Blechlache“. Denn sie mussten noch ein oder zwei Jahre vor der Einweihung des Klärwerks eigene Anlagen bauen. Und kurz danach wurden sie dann an die Kanalisation angeschlossen, was ihnen wiederum Kosten bescherte.
Trotz der Widrigkeiten: 1962 feierten die Altriper eine technische Pionierleistung. Die Anlage umfasste ein Pumpwerk, einen Umlaufkanal mit Rechenbauwerk, einen Sandfang, ein Vorklärbecken, einen Schlammfaulraum nebst Schlammtrockenplätzen und ein Betriebsgebäude mit Treppenturm. Der Klärwerksmeister – verheiratet und Vater dreier Töchter – erhielt einen modernen und krisensicheren Arbeitsplatz.
Nach dem Bau eines Überleitungskanals und Anschluss an die Kanalisation der Stadt Ludwigshafen wurde die Kläranlage 1979 stillgelegt, die Anlage dient seither als Abwasserpumpwerk mit Rückhaltebecken.