Heutzutage sind wir bei extremen Hochwassersituationen gleich geneigt, von einem „Jahrhunderthochwasser” oder gar von einer Hochwasserkatastrophe zu sprechen. Dagegen suchte eine echte Wasser- und zugleich Eiskatastrophe 1783/1784 die Dörfer der Umgebung an Rhein und Neckar heim.
Der 27. und 28. Dezember des Jahres 1783 brachte große Schneemassen und eine plötzlich einsetzende grimmige Kälte. Schon einen Tag später führte der Rhein Grundeis und der Neckar hatte eine dicke Eisdecke. Innerhalb von 24 Stunden staute sich der Rhein unterhalb von Sandhofen.
Am Neujahrstag 1784 stieg das Thermometer plötzlich wieder über Null und zudem setzte heftiger Regen ein. Aus Feudenheim kam die Nachricht, dass sich in einer Krümmung des Neckars die Eisberge bis zu 40 und mehr Schuh hochtürmten. Ähnlich wie am Neckar, so war auch die Situation am Rhein.
Ein Zeitzeuge berichtete über Altrip: „Die Bewohner mussten ihr Vieh in die höher gelegene Kirche bringen, bis sie Hilfe erhalten konnten, wonach es über den Rhein auf das Schwetzinger Relaishaus geführt wurde, wo es den ganzen Winter über verblieb. Viele Altripper hielten sich zu Neckarau auf.”
Innerhalb von acht Tagen waren Neckar und Rhein gefroren, aufgebrochen und wieder gefroren. Am 5. Januar, vormittags 11 Uhr, kam nach einem starken Regen wieder Treibeis, das sich zu regelrechten Eisbergen auftürmte. Die Höhe des nachfließenden und sich aufstauenden Wassers übertraf die von 1758 und 1778 und gefror zu weiteren bizarren Eismassen.
Der Altriper Schultheiß Bartholomäus Schweickert bat nach der Totalüberschwemmung des Jahres 1778 den Kurfürsten vergeblich um eine Verlegung des Dorfes. Ein Großteil der damals zerstörten Häuser war noch nicht wieder vollends aufgebaut, als nun diese Wasser- und Eiskatastrophe erneut die Bewohner traf. Vieh, Lebensmittel, Brennmaterial und Mobiliar wurden von den tobenden Elementen fortgespült.
Der ganze Januar 1784 war gekennzeichnet von anhaltenden Überschwemmungen. Vom 14. auf den 15. Januar setzte dann plötzlich wieder Regen ein und das Neckar-Eis brach mit großem Getöse los und zerstörte auf seinem Lauf Häuser und Bäume - fast wäre der Neckar auch wieder, wie zu Zeiten der Römer, bei Altrip in den Rhein gemündet. Die großen und starken Rheindeiche bei Neckarau verhüteten dies jedoch.
Doch auch diese Überschwemmungen wurden noch übertroffen durch die dritte Hochwasserwelle, die am 27. Februar einsetzte. In Höhe von Altrip trieben einige Menschen auf Eisschollen den Rhein hinab, denen keine Menschenseele helfen konnte. Altrip war den ganzen Winter über unbewohnt und viele Häuser hielten den Wasser- und Eismassen nicht stand. Im Relaishaus und in Neckarau hatten die Altriper Zuflucht gefunden.
Als die Wasser abgeflossen war, kehrten die Bewohner in ihr größtenteils zerstörtes Dorf zurück, um sich erneut an den Wiederaufbau zu machen. Am Sonntag, dem 21. März 1784, versammelten sich die Altriper in ihrer Kirche und dankten Gott für ihr Leben. Es war ein herrlicher Frühlingstag und die Menschen meinten zu träumen, ob der schrecklichen Erlebnisse.
Drei Tage später wurden dann urkundlich die exakten Grenzen zwischen Seckenheim und Altrip festgelegt. Damit ging ein nahezu 200-jähriger Grenzstreit zu Ende, der teilweise auch handgreiflich ausgetragen wurde. Mit 52 Grenzsteinen markierte Seckenheim die Rechte der „48 Stämme der Seckenheimer Hinteren Riedgemeinde”. Doch schon nach 14 Jahren wurde dieses Gebiet 1798 per Verwaltungsakt dem nunmehr französisch gewordenen Dorf Altrip zugeschlagen.