Arbeiter- und Bauernrat gebildet

Der letzte kaiserliche Reichskanzler, Prinz Max von Baden, bildete am 3. Oktober 1918 die erste parlamentarische Regierung des Deutschen Reiches. Wilhelm II., der jeglichen Bezug zur Realität verloren hatte, sprach noch davon „mit Hilfe der Sozialdemokraten ein neues Reich aufzubauen und zwar als Erster Sozialdemokrat“.

Max von Baden erreichte auf Druck der SPD, dass Wilhelm II. am 9. November abdankte und sich nach Doorn in Holland ins Exil begab. Nun rief Friedrich Ebert (SPD) die Republik aus. Am 11. November schwiegen die Waffen, nachdem Deutschland im Waffenstillstandsabkommen das 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Wilson angenommen hatte. Deutschland versuchte nun auf schnellstem Wege möglichst viel Rüstungsmaterial in die nicht zu besetzenden und zu räumenden Gebiete zu bringen.

So wurden am 24. November 1918 in Altrip zwei Batterien des „2. Württembergischen Landwehr-Feld-Art.-Regiments“ beim Heimmarsch einquartiert, die anderntags über die Fähre abzogen.

Die Altriper SPD lud am selben Tag die Bevölkerung zu einer Volksversammlung in den Tanzsaal der Wirtschaft „Zum Karpfen“ ein, um einen „Arbeiter- und Bauernrat“ zu bilden, der die Ordnung aufrecht halten und über die Lebensmittelversorgung wachen sollte. Der Rat bestand aus 10 Sozialdemokraten und 2 parteiunabhängigen Bauern.

Arbeiter- und Bauernrat gebildet

 

Wenige Tage später, am 28. November, bezog ein Teil der Metzer Festungs-Fuhrparkkolonne in Altrip Quartier, ehe es sich ins Reichsinnere absetzte.

Doch schon am 9. Dezember 1918 erschienen die ersten französischen Besatzungstruppen im Ort und der „Chef des Bataillions Jozereau vom 8. Zuaven-Regiment“ im Range eines Majors schlug in der Ludwigsschule sein Quartier auf und führte ein strenges Regiment.

Als besonders demütigend wurde bei der Besetzung von Altrip die Tatsache empfunden, dass Frankreich hier seine afrikanischen Kolonialtruppen einsetzte. Es waren ausschließlich Marokkaner, die auf Mulis ins Dorf einritten.

Als erste Maßnahme musste die Kirchturmuhr um eine Stunde zurückgedreht werden. Rechtsrheinisch galt jedoch die die „alte Zeit“. Nur mit einem Passierschein, der vom Ortskommandanten und dem Bürgermeister unterschrieben sein musste, nebst einem Fingerabdruck und einem Lichtbild, durften die Fährleute ihre Fahrgäste übersetzen.

Nach und nach wurden immer mehr französische Soldaten in Tanz- und Schulsälen sowie in Privatwohnungen einquartiert. Die Wirtschaft „Zum Pfälzer Hof“ durfte nicht mehr von Zivilisten betreten werden, und auf dem Türanschlag fügte der „Chef des Bataillons“ hinzu: „Die Befehle sind streng!“ Bis Weihnachten hatte Altrip nahezu 1.000 Soldaten zu beherbergen und an Heiligabend wurde verfügt, dass mit sofortiger Wirkung eine Mark nur noch 60 Centimes wert sei.

(W. Schneider | 2018)
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