Späte Versöhnung mit der Heimatgemeinde

Der renommierten Maler Alo Altripp kam am 25. September 1906 mit bürgerlichem Namen Friedrich Schlüssel in Altrip zur Welt. Bürgermeister und Dampfziegeleibesitzer Michael Baumann hatte dessen Vater als Buchhalter von Mainz nach Altrip geholt. Damals wurde Altrip noch mit zwei „p“ geschrieben. Doch lange hielten es Heinrich und Katharina Schlüssel mit ihrem Sohn Friedrich in der Pfalz nicht aus. Die „bekennenden Rheinhessen“ zog es wieder zurück, sodass sie ihr Domizil in Wiesbaden aufschlugen.

Nach dem Studium an der Mainzer Kunstgewerbeschule sowie dem Besuch der Meisterschule für das Malerhandwerk in München und der Akademie für Kunst und Gewerbe in Dresden entstanden Zeichnungen und Bilder, die der Stilrichtung der „Neuen Sachlichkeit“ zuzuordnen sind. Schlüssel legte sich als Pseudonym seinen Geburtsort Altripp zu. Im Dritten Reich wurde seine Kunst als „entartet“ verboten. Insgeheim malte er jedoch in Wiesbaden in seinem Dachbodenatelier weiter. Stark geprägt wurde er durch die Freundschaft mit dem russischen Maler Alexej Jawlenski sowie von einem Besuch bei Paul Klee in der Schweiz. Nach dem Krieg war Alo Altripp der durch die Amerikaner am meisten geförderte Künstler im Rhein-Main-Gebiet. Nun wollte er ganz offiziell seinen Künstlernamen als profanen Familiennamen anerkennen lassen.

Alo Altripp (* 25. September 1906 in Altrip; † 16. Januar 1991 in Wiesbaden)Alo Altripp (* 25. September 1906 in Altrip; † 16. Januar 1991 in Wiesbaden)Doch die Gemeinde Altrip fühlte sich durch das Ansinnen des Künstlers keineswegs geehrt, sondern fürchtete eine Verwechslung und verweigerte daher ihre Zustimmung. Der Künstler musste gar das Verwaltungsgericht bemühen. Und dies entschied: Eine Verwechslung zwischen der Gemeinde und dem Künstler sei nicht möglich. Und auch die Schreibweise sei unterschiedlich.

Durch die enge Freundschaft mit Offizier Walter I. Farmer, der eine Spezialabteilung der US-Armee zum Schutz deutscher Kunstwerke vor Plünderungen durch Alliierte leitete, entstand für Alo Altripp der Kontakt nach Übersee. Durch ein Stipendium an der Barnes Foundation in Merion fand er 1949 in dessen Gründer, Dr. Albert C. Barnes, einen persönlichen Förderer, der ein ausführliches Vorwort zum Katalog einer Altripp-Ausstellung in New York schrieb.

Ab 1951 gab Altripp sein Können an der Werkkunstschule Wiesbaden an junge Talente weiter. Er gehörte auch der „Pfälzischen Sezession“, einer rund zwei Dutzend Künstler umfassenden Vereinigung an, der beispielsweise Otto Ditscher aus Neuhofen, Michael Croissant und Hans Purrmann angehörten. Auch der in Speyer gebürtige Thomas Duttenhöfer (55) lernte bei Alo Altripp in Wiesbaden die Bildhauerei.

Obwohl Alo Altripp zu seinem 70. Geburtstag die Max-Slevogt-Medaille verliehen wurde, nahm die Gemeinde Altrip erst 1984 Notiz von dem Künstler. Der damalige Leiter der Kreisvolkshochschule Ludwigshafen und ein Angestellter der Gemeinde besuchten ihn sodann in Wiesbaden. Dabei zeigte sich, dass Alo Altripp eine tiefe Abneigung gegenüber seiner Geburtsgemeinde empfand. Doch letztlich ließ er sich nach jahrzehntelanger Abwesenheit zu einem Besuch Altrips überreden.

Die Gründerin des Altriper Rexhofes, Edelgard Rex, stellte dem Maler und seiner Frau Edith ihr Haus am Wasser im Naherholungsgebiet „Blaue Adria“ für einen mehrtägigen Aufenthalt zur Verfügung. Alo Altripp versöhnte sich als 78-Jähriger mit seiner Geburtsgemeinde. Sogar eine überregional Aufsehen erregende Ausstellung, die alle Epochen seiner künstlerischen Arbeit zeigte, eröffnete er 1984 in Altrip.

Die Gemeinde erhielt einige Leihgaben seiner Bilder und kaufte auch welche für ihre Büroräume an. Und so ist nun auch die „gegenstandlose Kunst“ von Alo Altripp in Altrip gegenständlich. Die Bilder des Künstlers tragen übrigens keine Titel, sondern sind fortlaufend nummeriert und tragen lediglich das Entstehungsjahr. Alo Altripp bevorzugte das kleine Format, in Speyer waren 2006 aber erstmals auch seine großformatigen Ölgemälde zu sehen. 

Alo Altripp verstarb im Alter von 84 Jahren am 16. Januar 1991 in Wiesbaden.

(Wolfgang Schneider | 2006)
Wir benutzen Cookies
Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung auf unserer Website bieten zu können.