Beginnend im kommenden Januar möchten wir Ihnen regelmäßig ein Rezept aus der schon seit Jahren vergriffenen 70-seitigen Broschüre „Topfgucker - Altriper Rezepte aus Omas Zeiten“ von Heide Hook (1. Aufl. 2006, 2. Aufl. 2008) vorstellen.
Heide Hook kam durch Ihre Heirat 1966 nach Altrip und mit den Traditionen und Gewohnheiten der alten Rheingemeinde in Berührung. Auch in der Küche war dies und jenes neu, wurde ausprobiert und mit auf den Speiseplan genommen. Später entwickelte sich dann die Idee, hier intensiver zu recherchieren und mit Hilfe einiger Altriper „Urgesteine“ entstand eine beeindruckende Rezeptsammlung.
Die Versorgung der Familie, meist einer Großfamilie, mit Nahrung war das vorrangigste Anliegen in früheren Zeiten. Es wurde verwertet, was Garten und Feld hergab. Im Sommer waren das Angebot und die Abwechslung innerhalb des täglichen Speiseplanes reichhaltiger, während in den Wintermonaten für ausreichende Lagerhaltung gesorgt werden musste.
Kartoffeln, Krautsorten, Gelbrüben, Schwarzwurzeln, Meerrettich und Obstsorten wie Äpfel und Birnenwurden z. T. in den damals noch kühlen Kellern gelagert. Oft hatte man da Lehmböden und Gemüse- und Obstsorten hielten sich über mehrere Wochen verhältnismäßig frisch.
Manche Gemüsesorten „überwinterten“ auch im Garten, d. h. man schaufelte im Garten eine Grube, in die Kartoffeln, Gelbrüben, Schwarzwurzeln, Meerrettich u. ä. eingelagert wurden. Gegen Kälte und Frost bedeckte man die Gemüse mit einer Erd- und Strohschicht oder sonstigen isolierenden Deckschichten (vergleichbar in der heutigen Landwirtschaft mit den großen Mieten der Bauern für Futterrüben und Kartoffeln).
Von einigen Gemüsesorten verwendete man, wie heute auch, die Samen, wie z. B. von Erbsen und Bohnen, die in luftdurchlässigen Leinenbeuteln trocken aufbewahrt wurden. Andere Gemüse machte man durch milchsaure Gärung haltbar, wie z.B. Sauerkraut oder saure Bohnen.
Durch Trocknen verschiedener Obstsorten (Äpfel, Birnen, Aprikosen, Zwetschgen) konnte der winterliche Speiseplan ebenfalls abwechslungsreicher werden.
Die Rezepturen und Speisepläne der verschiedenen Dörfer und standesunterschiedlicher Haushalte unterschieden sich bezüglich ihrer „Reichhaltigkeit“ besonders in Hinblick auf Fleischgerichte. Da ein großer Teil der Altriper Bevölkerung ihren Lebensunterhalt als Fischer, Landarbeiter und kleinere Handwerker verdiente, waren die Haushalte in der Mehrheit auf Selbstversorgung angewiesen und eingestellt.
Zusätzlich zu den Produkten, die Haus, Garten und evtl. ein Äckerchen lieferten, wurden oftmals Hühner, Ziegen, manchmal auch ein Schwein gehalten, um den Speiseplan mit tierischen Nahrungsmitteln zu bereichern. Die meisten Altriper Rezepte weisen jedoch als Basis die Verwendung pflanzlicher Nahrungsmittel auf.
Zusammenfassend kann man sagen, dass in Altrip nicht die feine und gehobene Küche zelebriert wurde, sondern die gutbürgerliche Küche dominierte.
Suppen und Eintöpfe
Suppe war im kleinbürgerlichen Haushalt oftmals Hauptgericht. Mit Milch oder Fleisch- bzw. Gemüsebrühe als Grundflüssigkeit bereitete die Hausfrau mit den verschiedensten Einlagen die Suppen. Dabei ist bezeichnend, dass hierbei auf ein gehaltvolles Andicken der Suppen und Eintöpfe Wert gelegt wurde. Weck (Brötchen) und Schwarzbrotscheiben kamen hierbei oft zur Verwendung: Sie wurden in der heißen Brühe mitgekocht oder mitziehen lassen, machten die Suppe sämig und vor allem das Schwarzbrot gab Farbe (durch die Rinde) und Geschmack.
Eine weitere Methode des Andickens war die sogenannte „Einbrenne“: 1 Esslöffel Butter oder Fett erhitzen, 2 Esslöffel Mehl darin hell, gelb oder hellbraun anschwitzen, mit Fleisch- oder Gemüsebrühe ablöschen und der Suppe zufügen oder zur Suppe weiter verarbeiten (z. B. Gemüsesuppe, Weinsuppe, gebrannte Mehlsuppe u. ä.).
Angedickte Suppen waren für die große Familie ergiebiger, sie wurden automatisch „verlängert“ und sättigten zudem. Sparsamkeit war oberstes Gebot in den meisten Haushalten, da es oft an Geld fehlte und mit wenigen Mitteln viele Mäuler gestopft werden mussten.
Milchsuppen waren in früheren Zeiten fester Bestandteil des Küchenzettels der kleinbürgerlichen Familie. Entweder stammte die Milch aus der eigenen Kuh- oder Ziegenhaltung oder man holte sich täglich literweise frische Kuhmilch mit der Milchkanne von einem Bauern des Dorfes. Milchsuppen kamen sowohl zum Mittagstisch als auch als Abendessen auf den Tisch. Mit einem Stück Brot dazu war sie zudem eine preiswerte und vollwertige Mahlzeit für die große Familie.
Zur Abrundung mancher Suppen und auch von Kartoffel- und Mehlspeisen wurden in Butter geröstete Brotwürfel („Krachalin“ = Croutons) auf die fertige Speise gegeben.
Eingemachtes & Co.
Um auch in der an frischem Obst und Gemüse armen Jahreszeit aus der eigenen Ernte Nahrungsmittel auf den Tisch zu bringen, hat man schon seit Jahrzehnten versucht, Obst und Gemüse in möglichst unverändertem Zustand aufzubewahren. Am besten wurde es durch das sogenannte Sterilisieren erreicht. Das Prinzip beruhte darauf, die in der Luft befindlichen Gärungs- und Fäulnisbakterien durch Luftabschluss von den Nahrungsmitteln fernzuhalten. Zu diesem Zweck bekam man im Handel sogenannte Sterilisierapparate nebst Einmachgläsern. Die bekanntesten Geräte und Gläser waren die von „Weck“. Bei Bedarf konnte dann ein „Weckglas“ mit sterilisiertem Obst oder Gemüse den winterlichen Speiseplan bereichern.
Eine andere althergebrachte einfache Art der Haltbarmachung von Gemüsen ist das Einlegen mit fäulniswidrigen Mitteln wie Salz, Zucker, Essig. Die Haltbarkeit beruht auf dem Entziehen des Wassergehalts durch Zucker oder Salz und der sich dabei ergebenden milchsauren Gärung, sowie der keimtötenden Wirkung besonders bei Essigsäure. Für diese Art der Haltbarmachung sind vor allem bestimmte Obst- (s. „Saure Zwetschgen“) und Gemüsesorten wie Kraut, Bohnen, Gurken, Rotrüben u. ä. geeignet. Das auf diese Weise haltbar gemachte Obst und Gemüse wurde in großen Gläsern (mit Pergamentpapier oder Folie verschlossen, z.B. Saure Früchte oder Beerenobst) oder in sogenannten „Schdännern“ (Steinzeugfässern) im kühlen Vorratskeller während der Wintermonate aufbewahrt.
Um an Zucker zu sparen und trotzdem Obst für die Wintermonate haltbar zu machen, bediente sich die Hausfrau auch oft sogenannter „Einmachhilfen“, der Salicylsäure: chemische Formel C7 H6 03 ( s. „Salicylobst“), die man in der Drogerie kaufen konnte. Vom Obstüberschuss des Herbstes wurden schöne reife Früchte auch zu Dörrobst (s „Därrobschd“) verarbeitet, d. h. der Frucht wurde durch langsames Trocknen im Backofen und an der Luft die Flüssigkeit entzogen.
Alle diese Haltbarkeitsmethoden setzten bei der Hausfrau eine sorgfältige Lagerhaltung voraus. Die Vorräte mussten öfter kontrolliert werden: der Gärschaum der „Schdänner“ (bei Sauerkraut und sauren Bohnen) durch Abwaschen entfernt und bei Essig-, Salicylobst und Senf- oder sauren Gurkensollte Schimmelbildung verhindert werden. Hatte sich bei Dörrobst Schimmel gebildet, musste der ganze davon befallene Vorrat entsorgt werden. Fallobst oder andere jahreszeitliche Früchte wurden mit etwas Flüssigkeit (Wasser oder Wein) und Gewürzen gedünstet und alsbald als Beigabe zu anderen Gerichten verbraucht.