Am 16. August 1957 lud der „Ring politischer Jugend” (RPJ) zur ersten Jungwählerversammlung des Landkreises Ludwigshafen in die Altriper Gaststätte „Himmelreich” ein. Als Referent hat damals ein gewisser Helmut Kohl gesprochen, der zu diesem Zeitpunkt noch studierte.
Zum RPJ gehörten die Deutschen Jungdemokraten, die Jungsozialisten und die Junge Union. Im damals als rote Hochburg bekannten Altrip, wo die Sozialdemokraten bei Wahlen stets eine Zwei-Drittel-Mehrheit anstrebten, war man besonders auf den Christdemokraten Helmut Kohl gespannt. Der 27-jährige Student der Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaft war nämlich nicht nur als Mitbegründer der Jungen Union Ludwigshafen und als stellvertretender JU-Vorsitzender von Rheinland-Pfalz bekannt. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er für Schlagzeilen gesorgt, als er gegen den damaligen Familienminister Franz-Josef Würmeling um den stellvertretenden CDU-Landesvorsitz kandidierte. Ministerpräsident Dr. Peter Altmeier war schockiert. Kohl unterlag zwar knapp, hatte sich aber Respekt verschafft und war von da an Mitglied des CDU-Landesvorstands.
Aber auch der damalige SPD-Landrat Dr. Kurt Becker-Marx und der Kreistag unterstützten die Jungwählerversammlung mit Kohl als Redner. Weniger begeistert war der Altriper „Himmelwirt”, in dessen Gaststätte die Veranstaltung geplant war. Die jungen Gäste begrüßte er mit der Frage: „Hosch a Geld?” Dennoch fanden im Nebenzimmer des „Himmelreichs” immer wieder Tagungen des RPJ statt.
Wolfgang Seubert, damals engagierter Sozialdemokrat, hatte die Aufgabe übernommen, den Bürgermeister und die Gemeinderäte etwa zu Film-Vorführungen einzuladen. Seubert selbst nahm an bundesweiten Seminaren und Schulungen des RPJ teil. Er erinnere sich noch lebhaft an eine Fahrt nach Berlin, sagt er. Wenige Jahre nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der ehemaligen DDR habe er sich dort den Alexanderplatz angesehen und sei durch das Brandesburger Tor geschritten.
Der RPJ hatte sich zu Beginn des Kalten Krieges als antikommunistische Organisation gegründet, wollte aber auch andere antidemokratische Einflüsse verhindern. Nachdem die Kommunistische Partei Deutschland (KPD) 1956 verboten wurde, geriet die nationalistische Deutsche Reichspartei (DRP) in den Fokus des RPJ. Am 15. September 1957 war Bundestagswahl. Die Deutsche Reichspartei holte gerade ein Prozent.