Das „Gedächtnis der Gemeinde” ist das Altarchiv mit zig Einzelakten, Rechnungsbelegen, Standesamtsunterlagen, Karteikarten und dergleichen mehr. Doch das Gedächtnis vieler Gemeinden hat Lücken; sei es durch Kriegseinwirkung, Naturkatastrophen – oder durch Nachlässigkeit und Schlamperei. Altrip verlor zwar nicht sein Archiv durch einen der vielen alliierten Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg, wohl aber viele Akten aus dem so genannten Dritten Reich, und zwar durch gezielte Vernichtung.
Die Altriper Halbinsel wurde erst geraume Zeit nach Ludwigshafen eingenommen, und so bestand genügend Zeit, um brisante Akten in Kisten zu verpacken, mit Steinen zu beschweren und im Rhein zu versenken. Weitere große Schäden gab es beim Umzug in das neue Rathaus im Jahre 1951, bei dem Akten nicht nur großzügig ausgesondert wurden, sondern viele auch per Schubkarren einfach in den Wasserturm oder in die Kellergänge des Neubaus gestürzt wurden.
Weiteres Ungemach entstand im August 1961 mit der Einführung der obligatorischen Müllabfuhr. Der ordnungsliebende Hausmeister sorgte dafür, dass nach und nach die Kellergänge frei wurden, indem er die „alten Schinken” in die nicht immer ganz vollen Mülltonnen entsorgte. Das ging zwar langsam vonstatten, war aber letztlich gründlich. Doch gottlob sind die wertvollen Rechnungen und die Kauf- und Verteilungsprotokolle aus dem 18. Jahrhundert erhalten geblieben.
Die Lücken in der neueren Geschichte des Dorfs lassen sich zum Teil noch über Interviews mit Zeitzeugen schließen, doch für die sehr weit zurück liegenden Zeiten bedarf es einer nahezu kriminologischen Spurensuche. Vieles wurde im 19. und 20. Jahrhundert durch den Spaten der Kastellgräber zu Tage gefördert, gewichtet und katalogisiert. Auch bei Baggerarbeiten der früheren Kies- und Ziegeleibetriebe wurden viele Funde, von der grauen Vorzeit bis zu den Römern, entdeckt. Doch noch immer werden auch geschichtliche Mosaiksteinchen in schriftlicher Form gefunden.
Allerdings oft weit weg vom Dörfle und in kaum für möglich gehaltenem Quellenmaterial. Aber eines brauchen die „Forscher mit dem Spaten” und die (Hobby-)Historiker auf jeden Fall: ein Quäntchen Glück. So fand sich im „Weistum der Zent Kirchheim” im Neckarauer Dorfbuch eine Passage, in der der etwa 60 Jahre alte Altriper Schlutheiß Kleßel (Nikolaus) Klein am 25. Juni 1426, also vor exakt 578 Jahren, bezeugte, dass er 40 Jahre zuvor Bauer in Hermsheim war und damals die Felderträge ausschließlich Neckarau zuflossen, was er „uff die treuwe und eyd” beschwor. Mit diesem Zufallsfund wurde der bisher als erster Altriper Schultheiß festgehaltene Velten Elsasser (1585) „entthront”.
Ein weiterer Schultheiß wurde im Schatzungs-Register des Jahres 1617 mit Peter Koberger ausfindig gemacht, der ein Sohn des ersten reformierten Altriper Pfarrers war, wie aus der „Türkensteuerliste des kurpfälzischen Oberamts Neustadt von 1584” abzuleiten ist. Peter Koberger gehörte damals zu den 52 Familien des Dorfs und hatte zwei Gulden, sieben Batzen und zwei Kreuzer an Steuern zu zahlen. Die Schultheißen gehörten in der Regel zu den reichsten Leuten eines Orts.
Mit Andres Hock (1646) hat der Mannheimer Gymnasialprofessor Wilhelm Schaaf in seiner zum 1200. Jubiläum des Dorfs Mannheim erschienenen Schrift „Alte Familien der Umgebung Mannheims in der Zeit von 1350 bis 1750” einen weiteren Schultheißen gefunden, der bisher nirgends in der Altriper Ortschronik erwähnt wurde. Und weiter geht die Spurensuche unter dem Motto: Sammeln, Forschen, Bewahren und der Öffentlichkeit vermitteln.